Situationsanalyse
Wie man dabei vorgehen könnte
Systematisches und emphatisches Vorgehen
Neben der systematischen Vorgehensweise ist, wie bereits erwähnt, ein empathisches Vorgehen beim Erfassen komplexer Situationen von grosser Bedeutung. Julia Rothenberger berichtet über einen Schüler, der sehr, sehr schwierig war und wie sie eher zufällig, aber dank Empathie den wahren Grund für sein störendes Verhalten erfahren hat.
Hauptaussagen
Hinter das störende Verhalten blicken
- Praxisbeispiel eines Kindes, welches positive Situationen kaum aushält
- Arbeitet 1-1 sehr gut, ist aber in der Klasse oft sehr verhaltensauffällig
- Schien zunächst alles in Ordnung zu sein, dann hat sich das Kind aber in einer schwierigen Situation öffnen können
- Häusliche Gewalt, die zu Wut und Angst im Kind führt und eine mögliche Erklärung für das schwierige Verhalten sein kann
Mehrere Faktoren berücksichtigen
Aber auch Probleme zuhause sollten nicht vorschnell als Grund für Schwierigkeiten in der Schule verantwortlich gemacht werden. Wie Sabrina Bellè schildert, sind Schülerinnen und Schüler in einem System eingebettet und meistens spielen viele Faktoren mit, wenn sich Schwierigkeiten zeigen.
Hauptaussagen
Problem nicht isoliert betrachten
- Situation immer ganzheitlich betrachten, weil ein Problem existiert ja nie in Isolation
- Es spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle, welche auch zwischen einander eine Dynamik haben (das Individuum, das Schulumfeld, zu Hause, Beziehung zu anderen Kindern usw.).
- Eigene Denkmuster und implizite Erklärungen regelmässig hinterfragen (z.B. ‚Das Kind schaut zu Hause zu viel fern‘) – es gibt ja immer mehr als nur eine mögliche Erklärung für ein Verhalten.
Weg von Schuldzuweisungen
Nicht nur bezüglich des Verhaltens des Kindes kann das in der Schule Beobachtbare zu falschen Schlüssen führen, sondern auch bezüglich der elterlichen Unterstützung.
Falsche Schlüsse aus unvollständigen Informationen zur Situation zuhause können zu unbegründeten Schuldzuweisungen führen und zur Entfremdung zwischen Eltern und Schule beitragen. Eine umfassende Situationsanalyse und somit eine gute Ausgangslage für die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses ist nur möglich, wenn die Eltern ihre Gedanken und Perspektiven offen einbringen können. Lea Imhof schildert, wie die Klärung beiderseitiger Irritationen den Weg für eine Lösung frei macht.
Hauptaussagen
Alle Beteiligten ins Boot holen
- Eltern in die Situationsanalyse einbeziehen und deshalb immer zuerst deren Sicht abholen
- Eigene Fehleinschätzungen (und die von anderen Lehrpersonen) durch Gespräche hinterfragen
- Praxisbeispiel: Lehrperson, welche wegen ungenügender Leistungen eines Schülers annahm, dass dieser zu Hause nicht unterstützt wird – das Gegenteil war der Fall.
- Erst nach einer ganzheitlichen Analyse der Situation sollte man Schlüsse ziehen