II Risiken vorbeugen und Gelingensbedingungen in Schule und Beruf schaffen

7. Die longitudinale Studie ZEPPELIN – Förderung ab Geburt von Kindern aus belasteten Familien

Andrea Lanfranchi, Prof. Dr.; Alex Neuhauser, Dr. phil.; Simone Schaub, Dr. phil.; und Erich Ramseier, Dr.

Der Bildungserfolg ist in der Schweiz eng mit der sozialen Herkunft verknüpft (Moser & Lanfranchi, 2008; SKBF, 2018). Insbesondere psychosoziale Belastungen in der Familie haben einen negativen Einfluss auf die Entwicklung und den Schulerfolg. Deshalb wird in der longitudinal angelegten Interventionsstudie ZEPPELIN (2011–2033) die Frage untersucht, ob frühe Förderung ab Geburt die Bildungschancen von Kindern aus psychosozial belasteten Familien erhöht. Die Studie mit kontrollierter Versuchsanordnung (RCT) untersucht die langfristige Wirksamkeit des Programms «PAT – Mit Eltern lernen» (PAT) im Kanton Zürich. Dazu wurden 132 Familien mit psychosozialen Belastungen (z. B. Armut und Migration) während der ersten drei Lebensjahre ihres Kindes mit PAT unterstützt, während die 116 Familien der Kontrollgruppe neben den Unterstützungsangeboten in ihren Gemeinden keine zusätzliche Förderung erhielten (Neuhauser et al., 2015).

In diesem Beitrag wird zuerst auf die theoretische Fundierung und die Konzeption der ZEPPELIN-Studie eingegangen. Dann werden ausgewählte Resultate zu den verschiedenen Projektphasen im Zeitverlauf dargestellt: Im Zentrum steht, dass die frühe Förderung in einer belasteten Stichprobe auch drei Jahre nach Interventionsende positive Effekte zeigt: Kurz vor ihrer Einschulung haben die Kinder mit PAT bessere Deutsch- und Mathematikkompetenzen, eine höhere Selbstregulation und weniger Verhaltensprobleme. Auf der Ebene der Erziehungskompetenz zeigen sich positive Befunde vor allem im Bereich der häuslichen Lernanregungen: Eltern der Interventionsgruppe bieten ihren Kindern eine förderlichere Lernumwelt als die der Kontrollgruppe. Diese Ergebnisse sind vor dem Hintergrund des langfristigen Ziels, die Bildungschancen durch präventive Massnahmen zu erhöhen, vielversprechend.

Einleitung

Ausgangspunkt

In der Schweiz sind soziale Herkunft und Bildungserfolg eng miteinander verknüpft, wie die erste PISA-Erhebung 2000 (Baumert, Stanat & Watermann, 2006) und auch jüngere Studien (Beck & Jäpel, 2019) eindrücklich zeigen. Der «Bildungsort Familie» und insbesondere die lernsensible Zeit in den ersten Lebensjahren eines Kindes wird von Familien in sehr unterschiedlichem Ausmass genutzt, sodass die Bildungschancen schon ab Geburt und nicht erst in der Schulzeit ungleich verteilt sind (SKBF, 2018). Diese frühen primären Ungleichheiten (Boudon, 1974) bewirken, dass auch die Startbedingungen beim Schuleintritt stark divergieren (Moser, Stamm & Hollenweger, 2005). Verschiedene Studien zeigen, dass sich die Ungleichheiten im Laufe der Schulzeit nicht reduzieren, sondern vergrössern (Angelone & Ramseier, 2012; Moser, Oostlander & Tomasik, 2017). Vor diesem Hintergrund hat sich seit der Jahrtausendwende das Interesse an der frühen Förderung zum Abbau von Bildungsungleichheiten erhöht. Im Fokus stehen niederschwellige Interventionen für psychosozial belastete Familien, die sich über die Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenzen auf die Entwicklung der Kinder positiv und vor allem nachhaltig auswirken sollen.

Hausbesuchsprogramme

International haben sich Interventionen bewährt, welche Familien in Risikolagen und ihre Kinder während der vulnerablen Phase der ersten Lebensjahre zu Hause begleiten und die negativen Auswirkungen von Belastungen mildern oder beheben (Melhuish, 2004). Hausbesuchsprogramme sind als Massnahme selektiver Prävention vor allem deshalb bedeutsam, weil sie mit ihrer Gehstruktur (d. h. Aufsuchen der Familien zu Hause) Zugangsbarrieren abbauen. Kommstrukturen, wie sie gängige Präventionsmassnahmen oft aufweisen (wie der Besuch eines Elternbildungskurses im Familienzentrum), sind für belastete Familien häufig weniger geeignet, etwa aufgrund von Selbstorganisationsproblemen, Hemmschwellen oder Transport- und Anreiseschwierigkeiten (Astuto & LaRue, 2009; Galm, 2006).

Theoretischer Hintergrund

Das komplexe Zusammenspiel zwischen früher Förderung und proximalen sowie distalen Einflussfaktoren lässt sich anhand des Bioecological Model of Human Development konzeptualisieren (Bronfenbrenner & Morris, 2006). Es erlaubt eine differenzierte Analyse kindlicher Entwicklungsprozesse mittels des Process-Person-Context-Time-Designs (PPCT) (siehe Abb. 7.1). Basis und Motor der Entwicklung sind nach diesem Modell proximale Prozesse, das heisst die Interaktion zwischen Individuum und Personen, Objekten und Symbolen seiner unmittelbaren Umwelt in zeitlicher Kontinuität. Familienorientierte Prävention hat demnach zum Ziel, Entwicklungsbedingungen förderlich zu gestalten, indem sie primär die proximalen Prozesse bzw. die an ihnen beteiligte Personen unterstützt.

Rahmenmodell zur Darstellung zentraler Wirkmechanismen in Anlehnung an Bronfenbrenner und Morris [-@bronfenbrenner_morris2006] mit zentralen Variablen.
Abbildung 7.1: Rahmenmodell zur Darstellung zentraler Wirkmechanismen in Anlehnung an Bronfenbrenner und Morris (2006) mit zentralen Variablen.

Förderprogramm

Die Intervention mittels des Hausbesuchsprogramms «PAT – Mit Eltern lernen» (PAT) (Lanfranchi & Sindbert, 2013; PATNC, 2011) wurde auf der Grundlage folgender empirisch gestützter Kriterien ausgewählt (Neuhauser & Lanfranchi, 2009):

  1. frühzeitiger Beginn: Die Förderung mit PAT ist bereits ab der Schwangerschaft möglich.
  2. Intensität und Kontinuität: Mit PAT sind zwei Hausbesuche und ein Elterntreffen pro Monat während drei Jahren vorgesehen.
  3. Individualisierungsmöglichkeiten: Das PAT-Curriculum lässt sich fallbezogen auf die Bedürfnisse der Familien adaptieren.
  4. Professionalität des Personals: PAT wird mit zertifizierten Elternbildnerinnen umgesetzt.
  5. Berücksichtigung der Sprachförderung: PAT stärkt die Eltern-Kind-Sprachinteraktionen.

PAT ist zudem auf die Unterstützung von Eltern in psychosozialen Risikosituationen ausgerichtet, denn die Hausbesuche erlauben einen niederschwelligen Zugang zu den Familien. Das Programmcurriculum orientiert sich an vier Wirkungsbereichen: (1) Wissen der Eltern über die frühkindliche Entwicklung aufbauen und Erziehungspraktiken verbessern; (2) Schulbereitschaft und erfolgreiche Schullaufbahn des Kindes fördern; (3) Entwicklungsverzögerungen und Gesundheitsprobleme frühzeitig erkennen; (4) Kindesmisshandlung und -vernachlässigung möglichst verhindern (PATNC, 2011).

Evidenzbasierung

Als Präventionsprogramm gilt PAT nach US-amerikanischen und europäischen Klassifikationsverfahren als evidence-based (Avellar & Paulsell, 2011; HomVEE, 2020; Lanfranchi & Drinkmann, eingereichtes Manuskript). Ein Forschungsüberblick zu PAT zeigt zudem, dass Familien mit psychosozialen Belastungen am stärksten von der frühen Förderung mit PAT profitieren (Neuhauser, 2014). Zur längerfristigen Wirksamkeit liegen bislang nur quasiexperimentelle Studien vor. Sie weisen weitgehend positive, aber mit zunehmendem Alter schwächer werdende Effekte im Kindergarten- und Schulalter aus (Lahti, Evans, Goodman, Schmidt & LeCroy, 2019; Pfannenstiel, Seitz & Zigler, 2003; Zigler, Pfannenstiel & Seitz, 2008). Im deutschsprachigen Raum wurde die Wirksamkeit von PAT bislang nicht untersucht.

Fragestellung

Die ZEPPELIN-Studie möchte zwei Forschungslücken angehen: (1) die Untersuchung der Effektivität von früher Förderung mit PAT im Deutschschweizer Kontext nach RCT-Goldstandard und (2) die Evaluation langfristiger Effekte von PAT über das Programmende hinaus. Im Zentrum stehen folgende Forschungsfragen: Welche Effekte haben Massnahmen der familienbezogenen frühen Förderung in Familien mit psychosozialen Belastungen auf die kindliche Entwicklung und den Schulerfolg? Über welche Wirkmechanismen im Bildungsort Familie kommen allfällige Effekte zum Tragen?

Forschungsphasen

Um die Fragestellungen zu untersuchen, wurde ZEPPELIN in verschiedenen Phasen konzipiert (siehe Tab. 7.1): Zuerst als Pilotprojekt zur Erprobung der Machbarkeit (ZEPPELIN/M, 2009–2011) (Lanfranchi, Neuhauser, Caflisch, Kubli & Steinegger, 2011), dann als Hauptstudie mit finanzieller Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und diverser Stiftungen (ZEPPELIN 0–3, 2012–2016), jetzt als Follow-up im Rahmen sogenannter SNF-Forschungsinfrastrukturen (ZEPPELIN 5–8; ZEPPELIN 9–13) und künftig als weiteres Follow-up zur Untersuchung der langfristigen Wirksamkeit in der Transition in die Sekundarstufe II (ZEPPELIN 15–16) und in die Tertiärstufe (ZEPPELIN 20–21).

Tabelle 7.1: Zeitplan mit Messzeitpunkten und Forschungsphasen
Jahr Messzeitpunkt Bildungsphasen Finanzierung
ZEPPELIN Machbarkeitsstudie
2009/11 t0-t3 PAT HfH
ZEPPELIN 0-3, Hauptstudie mit früher familienorientierter Intervention (PAT)
2011/12 t0 (Rekrutierung) SNF, HfH, Stiftungen, Bundesamt für Migration, Lotteriefonds des Kt. ZH
2012/13 t1 PAT SNF, HfH, Stiftungen, Bundesamt für Migration, Lotteriefonds des Kt. ZH
2013/14 t2 PAT SNF, HfH, Stiftungen, Bundesamt für Migration, Lotteriefonds des Kt. ZH
2014/15 t3 PAT SNF, HfH, Stiftungen, Bundesamt für Migration, Lotteriefonds des Kt. ZH
ZEPPELIN 5-8, Follow-up 1: Transition Primarstufe
2016/17 t5 1. Kindergarten SNF, HfH
2017/18 t6 2. Kindergarten SNF, HfH
2018/19 t7 1. Klasse Primarstufe SNF, HfH
2019/20 t8 2. Klasse Primarstufe SNF, HfH
ZEPPELIN 5-8, Follow-up 2: Transition Sekundarstufe I
2020/21 t9 3. Klasse Primarstufe SNF, HfH, Stiftungen
2023/24 t12 6. Klasse Primarstufe SNF, HfH, Stiftungen
2024/25 t13 1. Klasse Sek. I SNF, HfH, Stiftungen
ZEPPELIN 5-8, Follow-up 3: Transition Sekundarstufe II
2026/27 t15 3. Klasse Sek. I
2027/28 t16 1. Jahr Sek. II
ZEPPELIN 5-8, Follow-up 4: Transition Tertiärstufe
2031/32 t20 Tertiäre Bildung
2032/33 t21 Tertiäre Bildung
Anmerkung: Laufendes Follow-up grau markiert

Ergebnisse

Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse aus der Hauptstudie (Messzeitpunkte t1–t3) und aus dem gegenwärtigen Follow-up (Messzeitpunkte t5 und t6) zusammengefasst (Übersicht zum Forschungsverlauf in Abb. 7.2)

CONSORT Flow-Diagramm Rekrutierung, Randomisierung, Baseline und t~5~–t~6~
Abbildung 7.2: CONSORT Flow-Diagramm Rekrutierung, Randomisierung, Baseline und t5–t6

Befunde am Ende der Intervention

Die kindliche Entwicklung wurde mit dem Bayley III (Bayley Scales of Infant Development, 3rd Ed.) hinsichtlich Sprache, Motorik und Kognition und mit der CBCL (Child Behavior Checklist 1.5–5) im Hinblick auf die sozioemotionale Entwicklung gemessen. Mit PAT geförderte Kinder weisen gegenüber den Kindern aus der Kontrollgruppe (KG) signifikante Vorteile auf. Sie verfügen über einen grösseren Wortschatz, haben bessere expressive Sprachkompetenzen und sind weniger ängstlich. Durchgeführte Experimente im Bereich des Belohnungsaufschubs zeigen, dass Kinder mit PAT eine bessere Impulskontrolle aufweisen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass PAT nach drei Programmjahren die deutlichsten Effekte in den Bereichen Sprache, Kognition und Verhalten zeigt. Eine ausführliche Darstellung der Resultate zu den Merkmalen der Kinder inklusive Angaben zu den Erfassungsinstrumenten finden sich bei Schaub, Ramseier, Neuhauser und Lanfranchi (2019).

Bei den untersuchten Elternmerkmalen zeigen die Ergebnisse zur häuslichen Anregung, gemessen mit dem HOME (Home Observation for Measurement of the Environment), dass die Eltern aus der Interventionsgruppe (IG) ihre Kinder im Alltag besser anregen als die Eltern aus der KG. Zugleich sind Eltern mit PAT im sozialen Raum besser vernetzt in dem Sinne, dass sie unter anderem signifikant häufiger eine Ludothek oder Bibliothek aufsuchen. Auch sind Mütter mit PAT in der Interaktion mit ihren Kindern nach einem Jahr Förderprogramm signifikant feinfühliger als Mütter ohne PAT (CARE-Index), was sich positiv auf die sprachliche Entwicklung der Kinder auswirkt und zur Erklärung der sprachlichen Vorteile der Kinder der IG im Alter von drei Jahren beiträgt (Neuhauser, Ramseier, Schaub, Burkhardt & Lanfranchi, 2018).

Zur Erfassung von Biomarkern wurde in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem Psychologischen Institut der Universität Zürich und dem Department of Psychiatry der McGill University in Montreal mit einer Teilstichprobe die NR3C1-Methylierung im Speichel der dreijährigen Kinder gemessen (IG n = 72; KG n = 60). Dabei handelt es sich um einen epigenetischen Marker für Stress in der frühen Kindheit, der mit einem erhöhten Risiko für Verhaltensprobleme und Psychopathologie im Erwachsenenalter einhergeht. PAT hat hierbei einen positiven Effekt: Die Untersuchungen belegen, dass Konflikte zwischen den Eltern sowie elterliche Depressivität das Niveau der NR3C1-Methylierung erhöhen, bei den PAT-Kindern jedoch geringer als bei der Kontrollgruppe – was als günstigere Prognose für die psychische Gesundheit der PAT-Kinder interpretiert werden kann (Gardini et al., 2020).

Tabelle 7.2: Interventionseffekte auf Merkmale der kindlichen Entwicklung im ersten Kindergartenjahr im fünften Lebensjahr (vereinfachte Darstellung aus Schaub, Eberli, Ramseier, Neuhauser & Lanfranchi, in Druck)
Instrument n (KG/IG) Outcome Gruppe geschätzte Randmittel M (SE) p ES
SON-R 176 (88/88) Nonverbale Intelligenz KG 92.00 (1.52) 0.148 0.14
IG 94.18 (1.45)
Sprachgewandt 176 (89/87) Sprachkompetenz Deutsch KG 37.63 (0.80) 0.054 0.20
IG 39.53 (0.91)
WILMA 174 (87/87) Mathematikkompetenz KG 29.23 (1.59) 0.162 0.13
IG 31.39 (1.52)
HTKS 170 (83/87) Inhibitorische Kontrolle KG 24.53 (1.91) 0.027 0.27
IG 29.37 (1.70)
IDP-P 176 (88/88) Belohnungsaufschub KG 2.37 (0.29) 0.026 -0.17
IG 1.83 (0.22)
CBCL 166 (87/79) Gesamtproblemwert KG 55.43 (0.37) 0.072 -0.18
IG 54.59 (0.36)
Affektive Probleme KG 56.59 (0.80) 0.549 0.02
IG 57.13 (0.83)
Angstprobleme KG 56.83 (0.55) 0.034 -0.23
IG 54.83 (0.53)
Tiefgreifende Entwicklungsprobleme KG 57.55 (0.62) 0.070 -0.19
IG 56.27 (0.60)
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsprobleme KG 52.77 (0.32) 0.334 -0.06
IG 52.57 (0.32)
Oppositionell-aufsässiges Verhalten KG 53.09 (0.32) 0.019 -0.26
IG 52.15 (0.31)
SDQ 159 (78/81) Gesamtproblemwert KG 9.45 (0.44) 0.034 -0.24
IG 8.35 (0.41)
Emotionale Probleme KG 2.23 (0.26) 0.173 -0.14
IG 1.90 (0.22)
Verhaltensprobleme KG 1.62 (0.16) 0.039 -0.22
IG 1.26 (0.13)
Hyperaktivität KG 3.60 (0.22) 0.146 -0.14
IG 3.27 (0.21)
Probleme mit Gleichaltrigen KG 1.97 (0.16) 0.308 -0.07
IG 1.86 (0.15)
Prosoziales Verhalten KG 5.84 (0.28) 0.119 0.19
IG 6.31 (0.26)
Renzulli-Skalen 156 (77/79) Schulische Motivation KG 3.84 (0.10) 0.165 0.15
IG 3.97 (0.09)
Anmerkung: p = einseitiges Signifikanzniveau des Verallgemeinerten Linearen Modells mit den Kovariaten Alter am Testtag, Monate seit Einschulung, Geschlecht Kind, Deutsch als Zweitsprache, Deutschkompetenz der Mutter, HBS Gesamtbelastung; ES = Effektstärke Cohens d; KG = Kontrollgruppe, IG = Interventionsgruppe

Befunde im Kindergartenalter

Auch zwei bzw. drei Jahre nach Abschluss der frühen Förderung können positive Effekte von PAT nachgewiesen werden. Auf Ebene der Eltern sind weiterin positive Effekte der frühen Förderung auf die häusliche Anregung (HOME), das Elternverhalten (Alabama Parenting Questionnaire, APQ) und die partnerschaftlichen Erziehungseinstellungen beobachtbar. Im ersten Kindergartenjahr zeigen die Kinder der IG bessere Deutschkompetenzen (Sprachgewandt), eine höhere Selbstregulation (Experimente zur inhibitorischen Kontrolle und zum Belohnungsaufschub) und weniger Verhaltensprobleme als Kinder der KG (CBCL; Strenghts and Difficulties Questionnaire, SDQ). Keine Effekte finden sich hinsichtlich der Intelligenz (Snijders-Oomen Non-verbaler Intelligenztest, SON-R), der Mathematik sowie der schulischen Motivation (Renzulli-Skala). In Tab. 7.2 sind die Ergebnisse für das erste Kindergartenjahr (t5) dargestellt (Schaub, Eberli, Ramseier, Neuhauser & Lanfranchi, in Druck). Aus sonderpädagogischer Perspektive und angesichts der sprachlichen Vorteile der Kinder der IG ist bemerkenswert, dass signifikant mehr Kinder der KG im ersten Kindergartenjahr Unterstützungsbedarf in Deutsch haben (80.9%) als Kinder der IG (70.1%). Für eine detaillierte Ergebnisdarstellung sowie für Ausführungen zu den Instrumenten siehe Schaub, Eberli, Ramseier, Neuhauser und Lanfranchi (in Druck).

Die Daten des zweiten Kindergartenjahrs (t6) werden zur Zeit (Stand Mai 2021) zusammen mit denjenigen aus der ersten Primarschulklasse (t7) analysiert. Gestützt auf den unveröffentlichten Zwischenbericht, der an den Schweizerischen Nationalfonds ging (Lanfranchi, Schaub, Neuhauser, Villiger & Ramseier, 2020), lässt sich die positive Wirksamkeit der frühen Förderung auch im sechsten Lebensjahr nachweisen. Es kommen sogar neue Effektbereiche wie mathematische Kompetenzen (WILMA) und die phonologische Bewusstheit (Sprachgewandt) hinzu.

Diskussion

Langzeiteffekte

Ausgangslage für diese longitudinale Studie bildet die Befundlage, wonach gerade in der Schweiz der Bildungserfolg eng an die sozial-familiale Herkunft gekoppelt ist. ZEPPELIN greift deshalb auf ein Förderprogramm zurück, das sich gezielt, intensiv und von Anfang an, d.h. ab der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt des Kindes, an benachteiligte Bevölkerungsgruppen richtet, um deren Bildungschancen längerfristig zu erhöhen. Damit stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit einer solchen selektiven Prävention und zwar über die Zeit der Intervention hinaus. In ZEPPELIN 0–3 und ZEPPELIN 5–8 wurde ein erster Schritt zur Beantwortung dieser Frage gemacht: 248 Familien mit psychosozialen Belastungen wurden für die Teilnahme am Projekt rekrutiert. Die Ergebnisse weisen auf positive Effekte der frühkindlichen Förderung mit dem Hausbesuchsprogramm PAT im Hinblick auf die kindliche Entwicklung und auf das elterliche Erziehungsverhalten hin, sowohl für die frühe Kindheit als auch für das Kindergartenalter. Die zu Programmende im Alter von drei Jahren gefundenen positiven Effekte von PAT auf die sprachlichen, sozioemotionalen und selbstregulativen Kompetenzen sind also vor der Einschulung erneut nachweisbar. Zudem weisen die Kinder aus der IG mit sechs Jahren bessere Mathematikleistungen auf. Sprach- und Mathematikkompetenzen gelten bei der Einschulung als bedeutsame Prädiktoren des Schulerfolgs (Duncan et al., 2007) – neben überfachlichen Kompetenzen wie Selbstregulation, Impulskontrolle und adaptives Verhalten (Garon, Bryson & Smith, 2008; Van der Ven, Kroesbergen, Boom & Leseman, 2012). Auch die positiven Befunde im Bereich der häuslichen Anregungen zeigen sich wiederholt im Alter von eins bis fünf Jahren.

Hinsichtlich der kindlichen Entwicklung fällt auf, dass kein Effekt auf die Intelligenztestwerte nachgewiesen werden konnte. Eine mögliche Erklärung wäre, dass sich die nonverbale, fluide Intelligenz im Vergleich zu anderen Entwicklungskomponenten von Umwelteinflüssen weniger stark verändern lässt (Stern & Neubauer, 2013). Ergänzend können auch Merkmale der Stichprobe als Erklärung herbeigezogen werden: Die an ZEPPELIN teilnehmenden Familien sind zwar psychosozial belastet, werden aber gleichwohl von Anfang an von einem gut ausgebauten System psychosozialer und medizinischer Hilfe unterstützt. So kann davon ausgegangen werden, dass auch die Kinder und Familien aus der KG mit den üblichen Unterstützungssystemen in der Gemeinde gut versorgt wurden, wie z. B. über die Mütter- und Väterberatung, die pädiatrische Vorsorge oder bei Bedarf über die öffentliche Fürsorge. Dies im Unterschied zu anderen Ländern wie den USA, wo psychosoziale Benachteiligungen weniger durch ein öffentlich zugängliches psychosoziales und medizinisches Versorgungsfeld abgefedert werden und infolgedessen Interventionseffekte in wenig privilegierten Bevölkerungsschichten besser nachweisbar sind. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass IQ-Effekte bislang nicht längerfristig nachweisbar waren: So hatten beispielsweise beim Perry Preschool Project im fünften Lebensjahr 67% der Kinder der IG und nur 28% der Kinder der KG einen IQ von über 90 (Schweinhart et al., 2005). Fünf Jahre später war der IQ-Unterschied aber nicht mehr vorzufinden, was einem fade-out der Effekte entspricht (Heckman & Masterov, 2007). Verschiedene Nachuntersuchungen zeigen, dass die längerfristigen Ergebnisse u. a. im Bereich Schulbildung und Gesundheit weniger auf kognitive Dimensionen, wie sie mit IQ-Tests gemessen werden, sondern viel eher auf nicht-kognitiven Dimensionen wie Motivation und Selbstkontrolle zurückzuführen sind (Heckman, Pinto & Savalyev, 2013).

Eltern für Langzeitstudien erreichen

Eine der Hauptherausforderungen in Praxis und Forschung ist die Erreichbarkeit derjenigen Adressat*innen, die am meisten auf Unterstützungsmassnahmen im Bereich frühkindlicher Bildung angewiesen sind, und die am meisten davon profitieren würden – nämlich psychosozial belastete Familien und ganz besonders solche mit Migrationshintergrund. Ihre Kinder tragen das grösste Risiko für die Entwicklung von Lern- und Verhaltensauffälligkeiten. Das heisst nicht, dass Lern- und/oder Verhaltensprobleme entstehen müssen. Aber sie können entstehen, wenn es der Familie aus eigener Kraft oder mit Unterstützung von aussen nicht gelingt, entwicklungsförderliche Rahmenbedingungen für das Kind zu schaffen.

Die ZEPPELIN-Studie zeigt, dass so genannt «schwer erreichbare Familien» mit psychosozialen Belastungen mittels besonderer Anstrengungen erreichbar sind. Folgende Strategien haben sich bewährt (Lanfranchi & Burgener Woeffray, 2013):

  1. Die Intervention knüpft an bestehende Einrichtungen im Frühbereich an, bei ZEPPELIN an die regionalen Kinder- und Jugendzentren und v. a. an die dort angesiedelte Mütter- und Väterberatung.
  2. Es werden am Einsatzort interdisziplinäre Netzwerke aufgebaut, bestehend aus Mütter- und Väterberater*innen, Kinderärzt*innen, Sozialarbeiter*innen und Fachpersonen aus den Geburtsstationen.
  3. Die Familien werden aktiv zur Partizipation ermutigt, d. h., wenn schriftliche oder telefonische Kontakte erfolglos bleiben, werden die Eltern über einen persönlichen Besuch kontaktiert, bei Migrant*innen bei Bedarf mithilfe von interkulturellen Übersetzer*innen.
  4. Bereits beim ersten Besuch wird ausdrücklich eine Kultur der Anerkennung gepflegt, statt sich von einer Logik des Verdachts leiten zu lassen.

Eltern in Langzeitstudie behalten

Im Wissen darüber, dass bei einer derart belasteten Stichprobe Drop-outs unvermeidlich sind, fällt auf, dass der Stichprobenschwund mit rund 15% bis zum Abschluss der Intervention und 35% bis zum Alter von sechs Jahren relativ gering ist. In einer vergleichbaren deutschen Studie sind schon in den ersten zwei Programmjahren über 40% der Eltern ausgestiegen (Jungmann et al., 2015). Übersichtsarbeiten über Hausbesuchsprogramme berichten über einen durchschnittlichen Stichprobenschwund von rund 50% bis zum Abschluss der Intervention (Gomby, 2007). Die niedrige Drop-out-Rate dürfte auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein: (a) auf die regelmässige Panelpflege in Form von kleinen Geschenken beim Geburtstag des Kindes; (b) auf das monetäre Anreizsystem von CHF 130.– für jeden Forschungsbesuch zu Hause in der KG; (c) auf den Einsatz gut qualifizierter Hausbesucherinnen (statt Laien), weil sie besser ausgebildet sind, um belastete Familien auch unter schwierigen Bedingungen professionell zu unterstützen; (d) auf die massgeschneiderte Anpassung der Intervention auf die Bedürfnisse der Familien sowohl inhaltlich wie auch bezüglich der Frequenz (Ingoldsby et al., 2013).

Nachhaltigkeit

Die mit öffentlichen Mitteln finanzierte Wirksamkeitsanalyse hat nach Veröffentlichung der ersten positiven Ergebnisse dazu geführt, dass PAT in die Regelstrukturen der Kinder- und Familienhilfe in Gemeinden mit hohen sozialen Belastungen überführt wurde. Dies in zwei Sprachregionen der Schweiz: zum einen im Kanton Tessin mit einer vom Dipartimento della sanità (DSS) anerkannten Trägerschaft (https://www.associazioneprogettogenitori.com/pat/) und zum anderen in den Städten St.Gallen, mit dem ebenfalls von der Sozialbehörde anerkannten Netzwerk Frühe Förderung (https://ovk-events.jimdofree.com/netzwerk-frühe-förderung-st-gallen/), sowie in der Stadt Frauenfeld, mit einem Auftrag an die im Kanton Zürich angesiedelte und im Rahmen der ZEPPELIN-Studie entstandene Trägerschaft «zeppelin – familien startklar» (https://zeppelin-familien.ch). Diese Organisation begleitete im Jahr 2020 rund 200 Familien in über 30 Gemeinden des Kantons Zürich. Ausserdem führt die Fachstelle unter ihrem Dach das Projekt «Koordinationsstelle ZEPPELIN Frühförderung Schweiz» durch, um die Multiplikation von PAT in weiteren Kantonen der Deutschschweiz zu ermöglichen. Die Stelle wird von der «Gesundheitsförderung Schweiz» finanziert. Das Scaling-up wird nun auch dadurch gefördert, dass PAT von mehreren Evaluationsorganisationen wie der Grünen Liste Prävention oder PGF wirkt! als evidenzbasiert klassifiziert wurde – und zwar jeweils mit der maximalen Punktezahl (Lanfranchi & Drinkmann, eingereichtes Manuskript).

Originalität

Zusammengefasst besteht die Originalität dieser Studie erstens im (in der Forschung) gelungenen sowie (in der Praxis) gelingenden Zugang zu Eltern mit psychosozialen Belastungen, mehrheitlich Migrant*innen mit tiefem sozioökonomischem Status. An zweiter Stelle ist die interdisziplinäre Ausrichtung zu erwähnen, dank Kooperationen mit den UZH-Instituten Psychologie, Entwicklungspädiatrie und Zahnmedizin. Drittens ist ZEPPELIN als experimentell angelegte Longitudinalstudie mit Messzeitpunkten von der Geburt bis ins junge Erwachsenenalter europaweit einzigartig, weil sie die Bearbeitung international proklamierter Forschungsdesiderata im Bereich der frühen Bildung ermöglicht.

Methode

Rekrutierung und Programmreichweite

Die anvisierten psychosozial belasteten Familien konnten in enger Zusammenarbeit mit drei regionalen Kleinkindberatungsstellen im Kanton Zürich (heute: Kinder- und Jugendhilfezentren, kjz) sowie dank des Aufbaus interdisziplinärer Netzwerke (v. a. Mütter- und Väterberater*innen) erreicht werden. Während der Rekrutierungsphase zwischen dem 1. Juli 2011 und 31. August 2012 wurden in den Projektstandorten Dietikon/Schlieren, Opfikon/Kloten und Dübendorf/Uster 2418 Kinder geboren. Von ihnen entsprachen 18% den Inklusionskriterien, d. h. es lag eine psychosoziale Belastungskonstellation vor. Ins Projekt aufgenommen wurden schliesslich 261 Neugeborene aus 248 Familien (13 Familien mit zweitgeborenen Zwillingen), was 11% der Neugeborenen entspricht. Dies bedeutet, dass der Anteil an Kindern, die trotz psychosozialer Risiken nicht ins Projekt aufgenommen werden konnten, 7% betrug. Für Einzelheiten zur Rekrutierung siehe Neuhauser et al. (2015).

Randomisierung

Nach einer zweijährigen Machbarkeitsstudie (Lanfranchi, Neuhauser, Caflisch, Kubli & Steinegger, 2011) wurden im Rahmen der Hauptstudie zwischen 2011 und 2012 an drei Standorten mit hohem Migrantenanteil rund um Zürich 248 Familien mit 261 neugeborenen Kindern rekrutiert. In einer kontrollierten Versuchsanordnung wurden sie mittels stratifizierter Blockrandomisierung auf die Interventionsgruppe (IG, n = 132 Familien: Hausbesuche und Gruppentreffen mit PAT) und die Kontrollgruppe (KG, n = 116: übliche Unterstützungsangebote für kleine Kinder in der Wohngemeinde, ohne PAT) verteilt. Zu allen Familien lagen bei der Stichprobenbildung gemäss dem Risikoscreening mindestens zwei Risikofaktoren aus den folgenden Belastungsbereichen vor: persönliche Belastung (z. B. psychische Erkrankung), familiäre Belastung (z. B. alleinerziehend), soziale Belastung (z. B. kein soziales Netz) oder materielle Belastung (z. B. beengte Wohnverhältnisse). Für Einzelheiten zur Randomisierung siehe Neuhauser et al. (2015).

Datenerhebung

Nach der Baseline-Datenerfassung im dritten Lebensmonat wurden zunächst in jährlichen Messzeitpunkten (12., 24. und 36. Lebensmonat), dann im Kindergarten- (5. und 6. Lebensjahr) und im Schulalter (aktuell laufend: 7. bis 9. Lebensjahr) Merkmale der Eltern, der Kinder und der Eltern-Kind-Interaktionen sowie soziale Stress- und Schutzfaktoren erfasst. Weitere Messungen sind bei der Transition in die Sekundarstufe I (12. und 13. Lebensjahr), Sekundarstufe II (15. und 16. Lebensjahr) sowie in die Tertiärstufe (19. bis 21. Lebensjahr) vorgesehen. Gestützt auf die Open-Access-Policy der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik sowie des finanzierenden Schweizerischen Nationalfonds werden alle Daten auf FORS zugänglich gemacht, und zwar jeweils ein Jahr nach der Datenbereinigung der jeweiligen Forschungsphase (https://forsbase.unil.ch/project/study-public-overview/14944/0/).

Erfassungsinstrumente

Eine Übersicht der in ZEPPELIN 0–3 eingesetzten Forschungsinstrumente (Baseline bis 3. Lebensjahr) findet sich in Schaub, Ramseier, Neuhauser, Burkhardt und Lanfranchi (2019). Für die Instrumente im ersten Follow-up auf der Kindergartenstufe (5. und 6. Lebensjahr) siehe Schaub, Eberli, Ramseier, Neuhauser und Lanfranchi (in Druck). Für die Instrumente im zweiten Follow-up ab der ersten Primarschulklasse und aus dem zweiten Follow-up (7. bis 13. Lebensjahr) siehe Lanfranchi et al. (2020). Der ausführliche Daten-Management-Plan kann bei den Autor*innen bezogen werden.

Merkmale der Stichprobe

Das Ausmass der Belastung wurde anhand der Daten aus der Baseline-Erhebung (t0) mit der Heidelberger Belastungsskala (HBS) eingeschätzt (Sidor, Eickhorst, Stasch & Cierpka, 2012). Bei 75% der Familien lag der Wert in einem Bereich, der gemäss HBS-Kriterien eine Intervention indiziert (HBS ≥ 40). Weiter sind in der Stichprobe relevante Risikofaktoren wie Frühgeburt oder Migrationshintergrund im Vergleich mit Schweizer Normwerten ungünstiger ausgeprägt. Hier einige ausgewählte Angaben: Von den teilnehmenden 248 Familien haben 73% der Mütter keinen Schweizer Pass, 31% weisen bei der Rekrutierung keine ausreichenden Deutschkenntnisse auf, was den Einsatz interkultureller Übersetzer*innen nötig machte, und 34% haben keine nachobligatorische Ausbildung absolviert (Neuhauser et al., 2015). 14% der Kinder sind frühgeboren, 10.6% haben ein Geburtsgewicht unter 2500 Gramm und 5.2% der Familien haben Zwillingsgeburten. Im Schweizer Durchschnitt gibt es gemäss Daten des Bundesamtes für Statistik im Vergleichsjahr 2012 nur die Hälfte Frühgeborene, nämlich 7.3%, respektive Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht, nämlich 5.9% bei Schweizer*innen und 6.3% bei Ausländer*innen (Lanfranchi, 2014). Der sozioökonomische Status ist gemessen am ISEI (Ganzeboom, De Graaf & Treiman, 1992) bedeutend tiefer als in allen PISA-Studien, nämlich 35 im Vergleich zu 55 Punkten am Beispiel der Schweizer Sonderauswertung von 2012 (Konsortium PISA.ch, 2014).

Stichprobenschwund

Während ZEPPELIN 0–3, also in den ersten drei Studienjahren, sind jährlich rund 5% der Eltern aus der Studie ausgestiegen. Eine Prädiktorenanalyse für den differenziellen Stichprobenschwund hat keine signifikanten Gruppenunterschiede ergeben (Schaub, Ramseier, Neuhauser, Burkhardt & Lanfranchi, 2019). Drei Jahre später, also kurz vor der Einschulung der Kinder, ist die Drop-out-Rate auf rund 35% gestiegen, mit einem leicht stärkeren Anstieg in der IG (siehe Flow-Diagramm in Abb. 7.2). Auch in diesem Fall konnten keine signifikanten Prädiktoren für den Stichprobenschwund nachgewiesen werden (Schaub, Eberli, Ramseier, Neuhauser & Lanfranchi, in Druck) – d. h. auch Mütter mit geringen Deutschkenntnissen und solche, welche mit besonderen Anstrengungen rekrutiert wurden, stiegen nicht signifikant häufiger als andere aus der Studie aus.

Danksagung

Dieser Bericht basiert auf Forschungsarbeiten, die im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekts «ZEPPELIN – Förderung ab Geburt» durchgeführt wurden [Förderungsnummer SNF 100019_134975,100019_156610, 10FI14_170408, 10FI14_198055]. Wir danken der Bildungsdirektion des Kantons Zürich und besonders dem Amt für Kinder- und Berufsberatung (AJB) sowie allen Elterntrainerinnen von «PAT – Mit Eltern Lernen» für die Umsetzung des Förderprogramms in der Agglomeration von Zürich. Wir danken den folgenden Stiftungen und Organisationen für die Co-Finanzierung der Intervention: Ernst Göhner Stiftung, Jacobs Foundation, Lotteriefonds Kanton Zürich, Stiftung Mercator Schweiz, Paul Schiller Stiftung, Staatssekretariat für Migration und Vontobel-Stiftung. Die Gesamtkosten der longitudinalen Studie ZEPPELIN betragen für die Zeit von 2009 bis 2024 CHF 8.5 Mio. (rund 3 Mio. SNF, rund 4 Mio. Stiftungen, rund 1.5 Mio. Eigenleistungen HfH). Wir danken den Mitgliedern des Forschungsbeirats für die fachliche Begleitung: Prof. Oskar Jenni, Dr. Heidi Simoni, Prof. em. Margrit Stamm, Prof. Ulrich Trautwein, Prof. Ute Ziegenhain und Prof. Daniel Schunk, sowie unseren früheren und heutigen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Waltraud Sempert, Dr. Franziska Templer, Dr. Anna Burkhardt, Ramona Eberli, Arna Villiger, Gastprofessorin Dr. Minna Törmänen, Dr. Isabelle Kalkusch und Patsawee Rodcharoen. Wir danken den Pädiaterinnen des Universitäts-Kinderspitals Zürich Dr. med. Jessica Bonhoeffer, Dr. med. Sabine Mayr, Dr. med. Claudia Moran und Dr. med. Anne Radtke und den vielen studentischen Mitarbeitenden für ihre Unterstützung bei der Datenerhebung, sowie Michael Bärtschi, Ute Bodmer, Micaela Liistro und Lukas Sigrist für ihre Hilfe bei der Administration und Koordination. Wir danken den Kooperationspartnern der UZH in den Substudien Biomarker und Zahngesundheit, Prof. Ulrike Ehlert, Dr. Priska Hubmann, Dr. Elena Gardini, Dr. med. dent. Giorgio Menghini und med. dent. Valon Bejic. Wir danken allen Familien und Kindern, die zwischen 2009 und 2021 an unseren Studien teilgenommen haben, und sind zuversichtlich, dass sie uns auch in den zukünftigen Forschungsphasen treu bleiben.

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