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IV. Strukturen

Abklärungen / SPD

«Der SPD empfiehlt Massnahmen nach starren Vorgaben!» Sonderpädagogische Massnahmen werden von Lehrpersonen und Eltern gemeinsam mit der Schulleitung vereinbart (siehe VSM, grauer Kasten weiter unten). Wenn Unklarheiten bestehen, keine Einigung erzielt werden kann oder Sonderschulung in Betracht gezogen wird, muss eine Schulpsychologische Abklärung gemacht werden. Die Schulpsychologie verfasst Empfehlungen (ebd.).

  • Gehen Sie mit dem SPD und den Eltern gemeinsam in den Dialog, welche Massnahmen angestrebt werden sollen.
  • Benutzen Sie den SPD nicht dazu, Wünsche Ihrer Lehrpersonen oder Ihre eigenen Wünsche durchzusetzen.
  • Achten Sie darauf, nicht unnötig Diagnosen abzurufen. Diagnosen gehen meist mit Stigmatisierung einher. Massnahmen sind nach SAV nicht starr von Diagnosen abhängig.

Standardisiertes Abklärungsverfahren (SAV)

Die Schulpsychologie muss sich bei Massnahmenempfehlungen für die Sonderschulung (verstärkte Massnahmen; integrativ oder separat) an das Instrument → Standardisiertes Abklärungsverfahren SAV halten. Dies ist eine der Vereinbarungen, die im → Sonderpädagogik-Konkordat festgehalten sind. Wichtig zu wissen ist, dass beispielsweise der Intelligenzquotient IQ nicht kausal für oder gegen eine (integrierte) Sonderschulung spricht. Im Sinne der «Internationalen Klassifikation für Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)», die dem SAV grundgelegt ist, ist ein Testergebnis ein Aspekt unter vielen, die berücksichtigt werden müssen.

Abklärung oder Unterrichtsentwicklung?

Der SPD wird vielfach als Abklärungsinstanz gesehen. Dies hat historische Gründe[1] und ist auch heute noch die Aufgabe der Schulpsychologie: Massnahmen auf Grund von diagnostischen Ergebnissen zu empfehlen. Deshalb wird die Schulpsychologie angegangen, wenn man gerne ein:e Schüler:in an einen anderen Ort delegieren möchte oder mehr Ressourcen erhalten möchte. Dieses Ziel unterscheidet sich davon, den eigenen → Unterricht zu verändern, damit ein Kind oder ein:e Jugendliche:r integrativ lernen kann.

Es ist wichtig, dass Sie als Schulleiter:in diese zwei Ziele auseinanderhalten und im Schulhaus interdisziplinäre Fallbesprechungen ermöglichen, die auf die Veränderung von Unterricht fokussieren und nicht schon von vornherein eine Delegation vorsehen[2].

Angepasste Lernziele oder Nachteilsausgleich?

Eine Forschung im Schweizer Kontext hat gezeigt, dass soziale Ungleichheiten über die beiden Massnahmen – Angepasste Lernziele respektive Nachteilsausgleich – reproduziert werden: Während Kinder mit hohem sozioökonomischen-ökonomischen Status jeweils eher einen Nachteilsausgleich bekommen, erhalten Kinder mit eher niedrigem sozioökonomischen-ökonomischem Status angepasste Lernziele. Die verschiedenen Massnahmen haben auf die Schulkarriere der Schüler:innen einen erheblichen Einfluss.[3] Wie sind Sie darin unterwegs?

Verordnung über die sonderpädagogische Massnahmen (VSM) 412.103

§ 24. 1 Die Prüfung einer sonderpädagogischen Massnahme setzt eine Standortbestimmung voraus. Diese erfolgt auf Antrag der Lehrpersonen oder der Eltern.

2 In der Standortbestimmung legen die Beteiligten den Förderbedarf, die Förderziele und den weiteren Ablauf fest. Das Volksschulamt regelt das Verfahren [Verfahren: SSG].

§ 25. 1 Eine schulpsychologische Abklärung wird durchgeführt, wenn:

a. die Schülerin oder der Schüler einer Sonderschulung zugewiesen werden soll,
b. von den Beteiligten keine Einigung über die sonderpädagogische Massnahme erzielt werden kann,
c. Unklarheiten bestehen.

2 Die Abklärung wird in der Regel beim zuständigen schulpsychologischen Dienst durchgeführt. Dieser kann weitere Unterlagen beiziehen.

3 Er veranlasst eine Abklärung durch Fachleute, wenn besondere, vor allem medizinische, logopädische oder psychomotorische Kenntnisse notwendig sind.

4 Der schulpsychologische Dienst verfasst einen Bericht mit einer Empfehlung über Art und Umfang einer allfälligen Massnahme.

§ 26. 1 Nach Durchführung der Standortbestimmung und einer allfälligen Abklärung unterbreiten die Lehrpersonen und die Eltern der Schulleitung einen Vorschlag für die anzuordnende Massnahme. Die Abklärung darf nicht mehr als zwei Jahre zurückliegen. Mit der Zustimmung durch die Schulleitung wird der Vorschlag zur Entscheidung.

2 Können sich die Lehrpersonen und die Eltern nicht einigen oder stimmt die Schulleitung ihrem Vorschlag nicht zu, entscheidet die Schulpflege. Sie kann ergänzende Abklärungen anordnen.

3 Die Entscheidung hält fest, welche Massnahme angeordnet und wann sie überprüft wird.

4 Eine Sonderschulung bedarf stets der Zustimmung der Schulpflege.

Zur längerfristigen Schulentwicklung


  1. Bühler-Niederberger, D. (1991). Legasthenie. Geschichte und Folgen einer Pathologisierung. Leske + Budrich.
  2. ebd.
  3. Sahli Lozano, C., Wüthrich, S., Wicki, M., & Brandenberg, K. (2023). Soziale Selektivität bei der Vergabe der integrativen schulischen Maßnahmen reduzierte individuelle Lernziele, Nachteilsausgleich und integrative Förderung. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 26(4), 997–1027. https://doi.org/10.1007/s11618-023-01173-9

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