Längerfristige Schulentwicklung
IV. Strukturen
Wie können Sie die Strukturen in Ihrer Schule längerfristig gestalten und weiterentwickeln?
Strukturen und Rahmenbedingungen müssen laufend in Bezug auf ihre Integrations- und Separationstendenzen hin reflektiert werden. Für eine tragfähige integrative Schule ist es als Schulleitung wichtig, innerhalb der widersprüchlich erlebten Systemvorgaben Transformation zu gestalten – das heisst, Schule nicht zu administrieren, sondern die Gestaltung von Lernen bis in die Schulzimmer hin zu verfolgen und zu fördern[1].
Unterstützende Strukturen
Viele Rahmenbedingungen werden von der Schule selber geschaffen. Integration erfordert eine gewisse Flexibilität, damit sich die Schule an die Schüler:innen, und nicht die Schüler:innen an die Schule anpassen müssen. Es empfiehlt sich deshalb, so viele Strukturen wie notwendig, aber so wenig wie möglich zu machen. Die Strukturen sollen dabei die Integration unterstützten:
- Zusammenarbeit / Personelle Ressourcen: Installieren Sie feste Teams über mehrere Klassen, die auch unter dem Schuljahr ihre Präsenz in den verschiedenen Klassen variieren können (z.B. mehr Assistenz zu Beginn des SJ im Kindergarten; SHP je nach Thema verschieden stark in verschiedenen Klassen; etc.)
- Beratung: Ermöglichen Sie über das zur Verfügung stellen von Beratungsressourcen einer Schulischen Heilpädagogik:in. Achten Sie darauf: Die Person muss niederschwellig ansprechbar sein (viel vor Ort sein) und im Kollegium akzeptiert sein. Auch sollte die Berater:in auch mit den Kindern/Jugendlichen arbeiten. Ansonsten geschieht Beratung in Bezug auf Kategorien («so macht man das mit ADHS:Kindern») und nicht in Bezug auf Situationen und Personen.
- Abläufe, die hilfreich sind: Abläufe können in bestimmten Situationen Sicherheit geben. Die Gefahr besteht jedoch, dass Abläufe als Schemen «abgespult» werden und damit am Ziel vorbeiführen. So müssen Sie insbesondere auch situationsadäquat reagieren können und Ausnahmen machen können.
- Super- / Intervision: In anderen Berufen, in denen mit Menschen gearbeitet wird (Beratung, Medizin, Psychologie, …) ist Supervision Pflicht. Unterstützen Sie Ihre Lehrpersonen, Intervisionsformate einzuüben und diese regelmässig durchzuführen. Das Selbstverständnis, sich durch Inter- und Supervision zu verbessern muss in der → Schulkultur verankert werden.
Bauen Sie Strukturen auf, die sich an erfolgreicher integrativer Praxis ausrichten und dies Praxis längerfristig festigen und unterstützen.
Von den Rahmenbedingungen aus weiterdenken
Vielfach wird moniert, dass die Strukturen/Rahmenbedingungen schlecht sind, und deshalb keine Lösung entwickelt werden kann. Aus dieser «Ohnmacht» kann nur herausgefunden werden, wenn die Rahmenbedingungen als Ausgangspunkt genommen werden, um pädagogische Lösungen zu finden. Dabei wird von den aktuellen Voraussetzungen aus gedacht (z.B. vorhandene SHP-Stunden, Vollzeitäquivalente, Ort und Räumlichkeiten des Schulhauses, etc. ) und damit eine möglichst gute Schule gestaltet.
- Aktivieren Sie bei ihrem Team Kreativität, um eine tragfähige Integration zu gestalten.
- Halten Sie dafür dem Team den Rücken frei, indem Sie «kreative Übersetzungen»[2] der Vorgaben für die Praxis unterstützen.
Ausnahmen
«Hauptgegenstand des Ungehorsams im Schulwesen ist nach unserem Verständnis der Kampf für die Hilfsbedürftigen und gegen deren Aussonderung.»[3]Integration bedeutet, für marginalisierte und benachteiligte Schüler:innen auch mal ungehorsam zu sein, und im Sinne der Integration entgegen starren Vorgaben zu entschieden.
«Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt die Maxime, dass Gleiches gleich (Gleichheitsgebot) und Ungleiches ungleich (Differenzierungsgebot) behandelt werden soll.»
→ Diskriminierungsverbot
Eine integrative und tragfähige Schule orientiert sich an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen. Wenn Strukturen für gewisse Schüler:innen eine Behinderung darstellen (sie von den Strukturen behindert werden), so lohnt es sich, einfach mal eine Ausnahme zu machen. Über mehrere Ausnahmen können sich auch Strukturen verändern. Das heisst, Sie etablieren eine integrative Schulkultur, die sich dann in den Strukturen abzeichnet.
«Wenn immer möglich möchten wir ein Kind integrativ, also inklusiv beschulen in der Regelklasse, auch aus Gründen der Chancengerechtigkeit, die ganz wichtig ist: Man muss über die Grenzen hinausdenken.»
→ Die Schule Heiden
Instrumente
Intervision / Kollegiale Fallberatung
- Für kurze Fallberatungen (25′) eignet sich das → 5×5-Instrument der Stadt Zürich.
- Ein → Intervisionsleitfaden findet sich im Baustein 5 aus dem Projekt Zusammenarbeit an Schulen.
Die Schule Wetzikon hat Impulskarten entwickelt, die zur Thematisierung von unterschiedlichen Themen in Teams genutzt werden können. Für das Thema «Strukturen» passen die violetten Karten (Strukturen). → Impulskarten Schule Wetzikon
- Badstieber, B. (2021). Inklusion als Transformation?! Eine empirische Analyse der Rekontextualisierungsstrategien von Schulleitenden im Kontext schulischer Inklusion. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. ↵
- ebd. ↵
- Stähling, R., & Wenders, B. (2013). Ungehorsam im Schuldienst: Der praktische Weg zu einer Schule für alle. Schneider Verlag, S. 228. ↵