Fördermassnahmen

Wir werden Lesedetektive

von Katja Rühl und Elmar Souvignier (2006)

Einsatzbereich

  • 5. bis 8. Klasse
  • Gruppentraining
  • Selektive und indizierte Prävention

Qualitätskriterien

Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Evaluation
Bewertung Gefüllter Kreis Gefüllter Kreis Gefüllter Kreis
Erläuterung Verständliche Hinweise zur praktischen Umsetzung des Programms. Theoretische Begründung und nachvollziehbare Ableitung der Vorgehensweise. Überzeugende Belege zur  Wirksamkeit.

Inhalt

Das Unterrichtsprogramm hat zum Ziel, bei leseschwachen Schüler:innen den Einsatz von Lesestrategien anzuleiten, um die texterschliessende Lesekompetenz zu steigern, um schliesslich auch Lesefreude und -interesse zu stärken.

Der zeitliche Umfang beträgt etwa 28 Unterrichtsstunden. Es kann im regulären Deutschunterricht durchgeführt werden. Es hat sich bewährt, das Programm über einen längeren Zeitraum zu verteilen und nicht als Kompaktkurs durchzuführen.

Das Programm entstand in Anlehnung an das Unterrichtsprogramm «Wir werden Textdetektive» (Gold et al., 2006a, b). Wie Detektiv:innen sollen die Schüler:innen planvoll und unter Anwendung von Strategien mit Texten selbstständig umgehen lernen. Mit einfacheren Texten und einer geringeren Anzahl zu vermittelnder Lesestrategien stellt das Programm «Wir werden Lesedetektive» für leistungsschwächere Schüler:innen eine Alternative dar.

Das Training besteht aus verschiedenen Bausteinen:

  • Das Lesetraining beginnt mit einer Einführung in die Rahmenhandlung, bei der die Kinder erfahren, wie Detektiv:innen Hilfsmittel  zu nutzen, um Probleme zu lösen, respektive Texte zu entschlüsseln.
  • Anschliessend werden vier kognitive sowie metakognitive Lesestrategien vermittelt. Mit den vier Strategien «Überschrift beachten», «Umgang mit Textschwierigkeiten», «Zusammenfassen von Geschichten» sowie «Zusammenfassen von Sachtexten» lernen die Schüler:innen, Texte besser zu erschliessen.
  • Im letzten Baustein wird die kognitive Selbstregulation thematisiert. Es wird vermittelt, dass der Strategieeinsatz in Abhängigkeit von den jeweiligen Textanforderungen eigenverantwortlich zu planen, zu überwachen und zu regulieren ist.

 

Die Anzahl benötigter Unterrichtsstunden hängt von den Vorkenntnissen und Fähigkeiten einer Klasse und von der Organisation des Unterrichts ab.

Durchführbarkeit

Die einzelnen Lerneinheiten sind im Lehrermanual (Rühl & Souvignier, 2006a) detailliert beschrieben. Für die Schüler:innen liegt ein Arbeitsheft vor (Rühl & Souvignier, 2006b), das zusätzlich erworben werden kann. Das Arbeitsheft umfasst sämtliche Arbeitsmaterialien, Texte und Merkblätter, die für das Training benötigt werden.

Theoretische Fundierung

Das Unterrichtsprogramm «Wir werden Lesedetektive» basiert auf dem Programm «Wir werden Textdetektive» (Gold et al., 2006a).

Die theoretische Grundlage des Programms stammt aus der Pädagogischen Psychologie. Einen allgemeinen Rahmen bilden die Theorien zum selbstregulierten Lernen (Boekarts, 1999). Die inhaltliche Gestaltung des Programms orientiert sich an kognitionspsychologischen Theorien des Textverstehens (Kintsch, 1998). Das Programm baut auf dem Ansatz von Scott Paris und Kolleg:innen (1984) sowie den Materialien von Schreblowski und Hasselhorn (2001) auf. Die Metapher der Leser:innen als Detektiv:innen wurde von Scott Paris übernommen und soll veranschaulichen, dass Leser:innen wie Detektiv:innen nach wichtigen Informationen suchen und dabei strategisch vorgehen.

Kognitionspsychologische Theorien betrachten Lesen als eine konstruktive Interaktion zwischen Leser:in und Text, bei der mentale Repräsentationen auf verschiedenen Ebenen entstehen. Ein vertieftes Verständnis von Textinhalten wird erreicht, wenn neue Informationen mit vorhandenem Vorwissen verknüpft werden. Dabei unterstützen elaborierende Lesestrategien die Aktivierung und Integration von Vorwissen, während reduktiv-organisierende Lesestrategien die in einem Text enthaltenen Informationen auf das Wesentliche verdichten. Im Programm «Wir werden Lesedetektive» werden beide Strategietypen mit ausgewählten Strategien vermittelt. Da der reine Strategieerwerb für den erfolgreichen Einsatz nicht ausreicht, wird zusätzlich die Selbstregulation des Strategieeinsatzes gefördert. Dies umfasst das Planen, Überwachen und Bewerten des eigenen Vorgehens mit Hilfe von metakognitiven Strategien (Gold et al., 2006a; Rühl & Souvignier, 2006a).

Evaluation

Die Wirksamkeit des Unterrichtsprogramms «Wir werden Lesedetektive» wurde in einer Interventionsstudie an Förderschulen untersucht (Souvignier & Rühl, 2005). Es nahmen insgesamt 130 Schüler:innen teil, die in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe eingeteilt wurden. Die Ergebnisse zeigten positive Effekte zugunsten der Interventionsgruppe nach Abschluss des Programms im Hinblick auf das Wissen zu Lesestrategien (mittlerer Effekt), Leseinteresse (kleiner Effekt) und Leseverständnis (kleiner Effekt).

Weiter konnten Antoniou und Souvignier (2007) in einer Interventionsstudie mit 73 Kindern mit Lernschwierigkeiten zeigen, dass die Interventionsgruppe kurzfristig ein verbessertes Strategiewissen im Vergleich zur Kontrollgruppe aufwies. Längerfristig erzielten die Kinder in der Interventionsgruppe zudem signifikante Verbesserungen sowohl im Strategiewissen als auch im Leseverständnis und in der Selbstwirksamkeit, mit mittleren bis starken Effekten.

 

Literatur

  • Antoniou, F., & Souvignier, E. (2007). Strategy instruction in reading comprehension: An intervention for students with learning disabilities. Learning Disabilities: A Contemporary Journal, 5, 41-57.
  • Boekarts, M. (1999). Self-regulated learning: where we are today. International Journal of Educational Research, 31, 445–457.
  • Gold, A., Mokhlesgerami, J., Rühl, K., Schreblowski, S. & Souvignier, E. (2006a). Wir werden Textdetektive. Lehrermanual (2. Aufl.). Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Gold, A., Mokhlesgerami, J., Rühl, K., Schreblowski, S. & Souvignier, E. (2006b). Wir werden Textdetektive. Arbeitsheft  (3. Aufl.). Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Kintsch, A. (1998). Comprehension: A paradigm for cognition. Cambridge University Press.
  • Paris, S. G., Cross, D. R. & Lipson, M. Y. (1984). Informed strategies for learning: A program to improve children’s reading awareness and comprehension. Journal of Educational Psychology, 76, 1239–1252.
  • Rühl, K. & Souvignier, E. (2006a). Wir werden Lesedetektive. Lehrermanual. Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Rühl, K. & Souvignier, E. (2006b). Wir werden Lesedetektive. Arbeitsheft. Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Souvignier, E. & Rühl, K. (2005). Förderung des Leseverständnisses, Lesestrategiewissens und Leseinteresses von Schülern mit Lernbehinderungen durch strategieorientierten Unterricht. Heilpädagogische Forschung, 31(1), 2-11.

 

Haben wir etwas übersehen? Melden Sie sich gerne unter wiwawi@hfh.ch.

 

Letzte Änderung: 09/2024

 

Zur Übersicht über Fördermassnahmen.

 

Lizenz

Wissen, was wirkt! Copyright © Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik. Alle Rechte vorbehalten.