Fördermassnahmen
Training mit Jugendlichen: Aufbau von Arbeits- und Sozialverhalten (JobFit-Training)
von Franz Petermann und Ulrike Petermann (2017)
Einsatzbereich
- 13 bis 20 Jahre
- Einzel- und/oder Gruppentraining
- Universelle, selektive und indizierte Prävention
Qualitätskriterien
Durchführbarkeit | Theoretische Fundierung | Evaluation | |
---|---|---|---|
Bewertung | Gefüllter Kreis | Gefüllter Kreis | Gefüllter Kreis |
Erläuterung | Verständliche Hinweise zur praktischen Umsetzung des Programms. | Theoretische Begründung und nachvollziehbare Ableitung der Vorgehensweise. | Überzeugende Belege zur Wirksamkeit. |
Inhalt
Das Training richtet sich an Jugendliche im Alter von 13 bis 20 Jahren und ist hauptsächlich als universelles Förderprogramm zur Unterstützung in der Berufsvorbereitung gedacht, mit dem Ziel, sowohl das Arbeits- als auch das Sozialverhalten zu fördern. Es kann jedoch auch als selektive oder indizierte pädagogische Massnahme oder im therapeutischen Kontext, beispielsweise in der Jugendhilfe oder im Jugendstrafvollzug, eingesetzt werden.
Das Training verfolgt kognitive, emotionale und sozial-emotionale Ziele. Zu den kognitiven Zielen gehören eine verbesserte Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie die Stärkung von Selbstkontrolle und Ausdauer. Die emotionalen Ziele umfassen den Umgang mit Gefühlen und Entwicklung von Einfühlungsvermögen. Die sozial-emotionalen Zielen beinhalten eine gesteigerte Selbstsicherheit, ein stabiles Selbstbild sowie den Umgang mit Lob, Kritik und Misserfolg.
Das Programm kombiniert ein Einzel- und ein Gruppentraining. Nach dem Erstkontrakt umfasst das Einzeltraining mindestens fünf Sitzungen. Daran schliesst sich das Gruppentraining mit mindestens zehn Sitzungen an. Pro Woche werden jeweils zwei Sitzungen empfohlen.
Einzeltraining
Im Einzeltraining werden im hauptsächlich die ersten beiden Ziele – Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie Selbstkontrolle und Ausdauer – gefördert. Das Einzeltraining umfasst fünf Themenblöcke. Die Struktur folgt jeweils demselben Ablauf: Auswertung des Tagebuches, Themenarbeit sowie Absprache über eine neue Aufgabe für das Tagebuch. Die Inhalte der Themenblöcke sind:
- Beruf und Zukunft
- Freizeit und Familie
- Lebensschicksale und Eigenverantwortung
- Schwierige Situationen und widerstehen lernen
- Offenes Angebot: Eigenständiges Problemlösen
Gruppentraining
Das Gruppentraining umfasst zehn Themenblöcke. Die Struktur folgt ebenfalls jeweils demselben Ablauf: Auswertung des Tagebuches, Themenarbeit mit Rollenspielen, Rückmeldung zu individuellen Sitzungsregeln sowie Absprache über eine neue Aufgabe für das Tagebuch. Die Inhalte der Themenblöcke sind:
- Gruppenregeln
- Gefühle und Verhalten
- Vorstellungsgespräche üben
- Einfühlungsvermögen üben
- Selbstsicherheit im Umgang mit Gleichaltrigen
- Anerkennung aussprechen und loben
- Akzeptieren von Aussenseitern
- Umgehen mit Kritik im Beruf
- Umgehen mit Misserfolg
- Rückmeldungen zum Training
Das JobFit-Training
Für die Umsetzung des Programms mit ganzen Schulklassen empfehlen die Autor:innen das «JobFit-Training». Dieses Gruppentraining übernimmt die zentralen Inhalte, Materialien und Übungen des Einzel- und Gruppentrainings, ist jedoch speziell an die schulischen Rahmenbedingungen angepasst. Aufbau und Durchführung des «JobFit-Trainings» werden ebenfalls im Manual (Petermann & Petermann, 2017a) ausführlich beschrieben. Zudem können für das «JobFit-Training» Materialien für die Jugendlichen separat erworben werden, welche im Laufe der 10 Themenblöcke benötigt werden (Petermann & Petermann, 2017b).
Das schulbasierte Training umfasst zehn Themenblöcke, von denen jeder für eine Unterrichtsdoppelstunde konzipiert ist. Jede Sitzung folgt jeweils demselben Ablauf: Begrüssung und Würdigung der bearbeiteten Checkliste, Bearbeitung des jeweiligen Themenblocks und Erinnerung an die Checklistenaufgabe im Rahmen der Verabschiedung. Die Themen werden mittels angeleiteten Rollenspielen, verschiedenen Übungen sowie einem Tagebuch zum Transfer in den Alltag bearbeitet. Die Themenschwerpunkte können je nach Bedarf der Jugendlichen gewählt werden. Grundsätzlich kann das Training von einer Fachperson allein durchgeführt werden, je nach Klassengröße empfiehlt sich jedoch eine Zusammenarbeit mit einer zweiten Person. Die Inhalte der Themenblöcke sind:
- Einführung und Verhaltensregeln
- Beruf und Zukunft
- Lebensschicksale und Eigenverantwortung
- Schwierige Situationen und selbstsicher widerstehen lernen
- Gefühle, Verhalten und Einfühlungsvermögen
- Halbzeittafel und Vorstellungsgespräche
- Vorstellungsgespräche üben und reflektieren
- Positives wahrnehmen und Anerkennung aussprechen
- Aussenseiter und Mobbing
- Rückmeldung und Zertifikat
Durchführbarkeit
Das Manual enthält ein ausführliches Kapitel zur Diagnostik, das sowohl Hinweise zum Vorgehen in therapeutischen als auch schulischen Kontexten berücksichtigt.
Anschliessend werden im Manual die verschiedenen Varianten des Trainings strukturiert dargestellt und die einzelnen Sitzungen ausführlich beschrieben. Die einzusetzenden Materialien wie Cartoons und Bilder stehen auf der beiliegenden CD-ROM zum Ausdruck bereit. Zudem kommen Videoaufzeichnungen zum Einsatz, um Feedback zu den Rollenspielen zu geben.
Theoretische Fundierung
Das Manual vermittelt die theoretischen Grundlagen des Programms verständlich und nachvollziehbar. Im ersten Kapitel werden zudem die Besonderheiten und Herausforderungen des Jugendalters erläutert. Den theoretischen Rahmen des Trainings bildet die Theorie der Selbstwirksamkeit (Bandura, 2003), die davon ausgeht, dass Menschen bestrebt sind, durch ihr eigenes Handeln Selbstwirksamkeit zu erleben. Weiter wird auf das Modell der sozialen Informationsbearbeitung Bezug genommen.
Evaluation
Die Evaluationen des «Trainings für Jugendliche» sowie der schulbasierten Version «JobFit-Training» zeigen insgesamt positive Ergebnisse.
Roos und Petermann (2005) untersuchten die Wirksamkeit das «Trainings für Jugendliche» als universelles Präventionsprogramm in einer Kontrollgruppenstudie mit Prä-Testung und einem Follow-up fünf Monate nach Trainingsende. Die Ergebnisse deuten auf eine gute Akzeptanz des Trainings bei den Jugendlichen hin und zeigen, dass die angestrebten Ziele aus Sicht der Jugendlichen erreicht wurden. Laut Einschätzung der Lehrpersonen konnte eine signifikante Zunahme positiven Sozialverhaltens sowie eine signifikante Abnahme störenden Verhaltens festgestellt werden. Kritisch anzumerken ist jedoch die kleine Stichprobengrösse mit insgesamt N = 27 Jugendlichen (Interventionsgruppe N = 12).
Das schulbasierte «JobFit-Training», eine verkürzte Version des «Trainings mit Jugendlichen», wurde in mehreren Evaluationsstudien auf seine kurz- und langfristige Wirksamkeit hin untersucht. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass das Programm die sozial-emotionale Kompetenzen der Teilnehmenden fördert. Im Manual wird in einem Kapitel zur Evaluation beschrieben, dass das «JobFit-Training» zwischen 2011 und 2015 erfolgreich mit über 2500 Jugendlichen durchgeführt wurde.
Studien von Schultheiss et al. (2012, 2015) belegen kurzfristige Verbesserungen des selbstberichteten Sozialverhaltens bei über 800 Teilnehmenden. Eine weitere Studie von Schultheiss et al. (2013) zeigt, dass auch sechs Monate nach Abschluss des Trainings signifikante Verbesserungen des Sozialverhaltens in den Bereichen Kooperationsbereitschaft, Einfühlungsvermögen und Selbstbehauptung festzustellen waren. Zudem berichteten viele Jugendliche, dass sich das Klassenklima durch das Training insgesamt verbessert habe.
Die Wirksamkeitsuntersuchung von Schomaker et al. (2015) bestätigt, dass das Training eine effektive Massnahme zur Förderung sozialer Kompetenzen bei Jugendlichen mit geringer prosozialer Verhaltensbereitschaft darstellt. Es ist jedoch zu beachten, dass die Ergebnisse ausschliesslich auf den Selbsteinschätzungen der Jugendlichen basieren.
Eine weitere Studie von Laakmann et al. (2013), die Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund (N = 273) verglich, zeigt, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund ihre sozialen Kompetenzen im Rahmen des JobFit-Trainings besonders deutlich verbessern konnten.
Die universelle schulische Präventionsmassnahme wurde in mehreren Kontrollgruppenstudien auch anhand der Verhaltensbeurteilungen aus Sicht der Lehrpersonen untersucht. Bei Jugendlichen mit aggressiv-dissozialem Verhalten zeigten sich signifikante Verbesserungen in Bezug auf emotionale Probleme, Verhaltensprobleme und Hyperaktivität sowie eine Zunahme prosozialen Verhaltens in der Trainingsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe (Petermann et al., 2010). Eine quasi-experimentelle Kontrollgruppenstudie mit N = 104 Jugendlichen (Koglin et al., 2010) überprüfte auch die langfristigen Effekte über sechs Monate nach Abschluss des Trainings. Das problematische Verhalten verringerte sich aus Sicht der Lehrpersonen auch längerfristig. Weiter konnten in Bezug auf emotionale Probleme deutliche Effekte beobachtet werden.
In einer weiteren Wirksamkeitsstudie von Vasileva et al. (2019) mit N = 275 Jugendlichen wurden kurzfristige Effekte des schulbasierten «JobFit-Trainings» untersucht. Im Vergleich zur Warte-Kontrollgruppe konnten signifikante Verbesserungen im Sozial- und Lernverhalten sowie bei berufsbezogenen Kompetenzen (Gelassenheit, Selbstwertgefühl, Zuverlässigkeit, Voraussicht) erreicht werden. Weiter deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Training zur Förderung von Sozial- und Lernverhalten in unterschiedlichen Schulformen eingesetzt werden kann. Die Wirksamkeit des Trainings in Bezug auf berufsbezogene Kompetenzen zeigt sich bei Schulsettings mit stärkerer Thematisierung der Berufsvorbereitung besonders.
Literatur
- Bandura, A. (2003). Self-efficacy: The exercise of control. Freeman.
- Koglin, U., Petermann, F., Heffter, P. & Petermann, U. (2010). Längerfristige Effekte des JobFit-Trainings für Jugendliche. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 58(3), 235–241. https://doi.org/10.1024/1661-4747.a000032
- Laakmann, M., Petersen, R., Schultheiss, J., Petermann, F. & Petermann, U. (2015). Prävention im Jugendalter: Das JobFit-Training als Beispiel eines schulbasierten Präventionsprogrammes. Zeitschrift für Individualpsychologie, 40, 50 – 64.
- Laakmann, M., Schultheiss, J., Petermann, F. & Petermann, U. (2013). Zur Wirksamkeit des JobFit-Trainings – ein Vergleich zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 61, 189-196. https://doi.org/10.1024/1661-4747/a000158
- Petermann, U., Koglin, U., Petermann, F. & Heffter, P. (2010). Kompetenzaufbau durch das JobFit-Training für Schulklassen. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 57(2), 144-152. http://dx.doi.org/10.2378/peu2010.art11d
- Petermann, F. & Petermann, U. (2017a). Training mit Jugendlichen: Aufbau von Arbeits- und Sozialverhalten (10., vollst. überarb. Auf.). Göttingen: Hogrefe.
- Petermann, F. & Petermann, U. (2017b). Materialien für Jugendliche zum JobFit-Training. Hogrefe.
- Roos, S. (2006). Evaluation des „Trainings mit Jugendlichen“ im Rahmen schulischer Berufsvorbereitung. Frankfurt: Lang.
- Roos, S. & Petermann, U. (2005). Zur Wirksamkeit des „Trainings mit Jugendlichen“ im schulischen Kontext. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie, 53(3), 262-282.
- Schomaker, H., Schultheiß, J., Petermann, F. & Petermann, U. (2015). Mangelnde soziale Kompetenz im Jugendalter: Wirksamkeit des JobFit-Trainings. Kindheit und Entwicklung, 24(2), 123-130. https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000167
- Schultheiss, J., Petermann, F. & Petermann, U. (2012). Zur Wirksamkeit des JobFit-Trainings für Jugendliche. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 60, 145–151. http://doi.org/10.1024/1661-4747/a000109
- Schultheiss, J., Petermann, U. & Petermann, F. (2013). Zur längerfristigen Wirksamkeit des Job-Fit-Trainings für Jugendliche. Verhaltenstherapie mit Kindern & Jugendlichen, 9, 95–103.
- Schultheiss, J., Petermann, F. & Petermann, U. (2015). Zur Wirksamkeit des Präventionsprogramms JobFit: Ein Vergleich unterschiedlicher Klassenstufen. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 64, 429–442. http://doi.org/10.13109/prkk.2015.64.6.429
- Vasileva, M., Nitkowski, D., Lammers, J., Petermann, F., & Petermann, U. (2019). Kurzfristige Wirksamkeit des Präventionsprogramms JobFit-Training in unterschiedlichen Schulformen. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie. https://doi.org/10.1024/1661-4747/a000396
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Letzte Änderung: 05/2024
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