Fördermassnahmen

Training für Kinder mit Gedächtnisstörungen. Das neuropsychologische Einzeltraining REMINDER

von Anja C. Lepach und Franz Petermann (2010)

Einsatzbereich

  • Kinder von 7 bis 12 Jahren
  • Einzeltraining
  • Indizierte Prävention

Qualitätskriterien

Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Evaluation
Bewertung Gefüllter Kreis  Gefüllter Kreis Halb gefüllter Kreis
Erläuterung Verständliche Hinweise zur praktischen Umsetzung des Programms. Theoretische Begründung und nachvollziehbare Ableitung der Vorgehensweise. Belege für nahe, jedoch nicht für ferne Transfereffekte.

Inhalt

Das Training REMINDER wurde speziell für Kinder mit Gedächtnisstörungen entwickelt. Um erfolgreich an diesem Training teilnehmen zu können, ist gemäss den Autor:innen eine hinreichende Konzentrationsfähigkeit der Kinder erforderlich. Eine allgemeine Intelligenzminderung gilt als Ausschlusskriterium.

Kern des Programms ist das Erlernen und Üben verschiedener Speicher- und Abrufstrategien. Ziel ist es, den Kindern wirksame Techniken zu vermitteln, mit denen sie ihre Gedächtnisdefizite kompensieren können.

Das Training vermittelt sowohl Gedächtnisstrategien als Merkhilfe als auch externe kompensatorische Hilfsmittel. Um die Motivation zu fördern, begleiten verschiedene Tierfiguren die Kinder durch die einzelnen Übungen.

Das Training gliedert sich in Grund- und Aufbaueinheiten, die in wöchentlichen Sitzungen durchgeführt werden sollen.

Die Grundmodule umfassen 10 einstündige Sitzungen, ergänzt durch ein begleitendes Übungsprogramm für zu Hause. Das Grundprogramm thematisiert auf die Vermittlung von Speicher- und Abrufstrategien wie Detailanalyse/Fokussierung (der Spürnasen-Detektiv-Trick), Chaining (der Ketten-Trick), musikalisches Chaining (der Sing-Trick), Verbalisierung (der Quassel-Trick) und Kategorisieren (der Schubladen-Trick).

Zur weiteren Vertiefung werden durch die Trainer:innen zusätzlich 5 Aufbaueinheiten konzipiert. Ergänzend sind 3 Treffen mit den Eltern vorgesehen.

Das Training sollte von Trainer:innen mit umfassenden Kenntnissen der klinischen Kinderpsychologie durchgeführt werden.

Durchführbarkeit

Die Kinder werden angeleitet, sich aktiv und über multimodale Verarbeitungswege mit gedächtnisbezogenen Inhalten auseinanderzusetzen. Altersgerechte Mnemotechniken sind in diverse Übungen eingebettet und werden wiederholt geübt. Jede Trainingseinheit ist detailliert beschrieben. Die Übungen sind nach Schwierigkeitsgrad für zwei Gruppen geordnet. Der Schwierigkeitsgrad I wurde für jüngere Kinder von 7 bis 10 Jahren sowie stärker beeinträchtigte Kinder konzipiert und der Schwierigkeitsgrad II für ältere Kinder von 11 bis 12 Jahren oder weniger stark beeinträchtigte Kinder. Zudem können die meisten Aufgaben in ihrem Schwierigkeitsgrad angepasst werden, indem die Anzahl der vorgegebenen Aufgaben variiert wird. Vorlagen und Materialien zum Ausdrucken werden auf einer CD-ROM mitgeliefert. Eine Checkliste hilft dabei, alle weiteren notwendigen Materialien vorzubereiten. 

Theoretische Fundierung

Bei REMINDER handelt es sich um ein standardisiertes Interventionsprogramm, das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der Neuropsychologie basiert, auf welche im Manual eingegangen wird. Das Manual umfasst neben Angaben zu Strukturen, Prozesse und Neuroanatomie des Gedächtnisses auch entwicklungsneuropsychologische Grundlagen des Gedächtnisses und der Merkfähigkeit im Kindesalter. Weiter werden speziell Kinder und Jugendliche mit Störungen des Gedächtnisses adressiert. Es folgt ein Überblick über die Diagnostik von Lern- und Gedächtnisstörungen. Im Weiteren wird auf verschiedene Förderprogramme und deren Wirksamkeit eingegangen. Die Erkenntnisse werden schliesslich als forschungsbezogene Prinzipien für das Gedächtnistraining REMINDER zusammengetragen. Darüber hinaus wird Feedback und ein Token-Programm eingesetzt, sodass es sich um ein multimodales Therapiekonzept handelt. 

Evaluation

Zur ersten Auflage des Programms (Lepach et al., 2003) wurde eine Evaluationsstudie durchgeführt, die eine Trainingsgruppe (n = 21) und eine Wartekontrollgruppe (n = 9) umfasste. Die Ergebnisse zeigten, dass die Trainingsgruppe statistisch signifikante Verbesserungen in verschiedenen Gedächtnistests erzielte, was sich bei der Wartekontrollgruppe nicht zeigte.

Im Weiteren wurden zwei zusätzliche Evaluationsstudien durchgeführt (Lepach & Petermann, 2010), die jeweils Prä-Post-Vergleiche in Tests zur Merkfähigkeit umfassten. In Studie 1 wurde die Leistung der Trainingsgruppe (n = 21) und einer Wartekontrollgruppe (n = 16) vor und direkt nach dem Training erhoben, während in Studie 2 die Leistung der Trainingsgruppe (n = 31) und der Wartekontrollgruppe (n = 12) vor dem Training, direkt nach dem Training und sechs bis acht Monate nach dem Training erfasst wurde. In beiden Studien konnten statistisch signifikante Leistungsanstiege im auditiv-verbalen als auch im visuell-figuralen Bereich in der Trainingsgruppe, nicht jedoch in der Wartekontrollgruppe gezeigt werden. In Studie 2 war der Leistungszuwachs auch noch nach sechs bis acht Monaten feststellbar. Insgesamt liegt damit Evidenz zu nahen Transfereffekten vor, während ferne Transfereffekte in den Alltag nicht untersucht wurden.

Literatur

  • Lepach, A. C. & Petermann, F. (2010). Training für Kinder mit Gedächtnisstörungen. Das neuropsychologische Einzeltraining REMINDER (2. Aufl.). Hogrefe.
  • Lepach, A. C., Heubrock, D., Muth, D. & Petermann, F. (2003). Training für Kinder mit Gedächtnisstörungen. Das neuropsychologische Einzeltraining REMINDER. Hogrefe.

 

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Letzte Änderung: 06/2024

 

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