Fördermassnahmen
„Lobo vom Globo“ – Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen. Das Lobo-Kindergartenprogramm
von Linda Paulina Fröhlich, Dorothee Metz und Franz Petermann (2010)
Einsatzbereich
- Kindergartenkinder im letzten Schulhalbjahr vor Schuleintritt
- Gruppentraining
- Universelle Prävention
Qualitätskriterien
Durchführbarkeit | Theoretische Fundierung | Evaluation | |
---|---|---|---|
Bewertung | Gefüllter Kreis | Gefüllter Kreis | Gefüllter Kreis |
Erläuterung | Verständliche Hinweise zur praktischen Umsetzung des Programms. | Theoretische Begründung und nachvollziehbare Ableitung der Vorgehensweise. | Überzeugende Belege zur Wirksamkeit. |
Inhalt
Das Programm «Lobo vom Globo» zielt darauf ab, die phonologische Bewusstheit und sprachliche Fähigkeiten von Kindern zu fördern. Es soll ihnen einen Einblick in die Lautstruktur der gesprochenen Sprache geben und dadurch den Einstieg in das Lesen und Schreiben erleichtern. Die Förderung findet in Kleingruppen von sechs bis zwölf Kindern statt und erstreckt sich über einen Zeitraum von zwölf Wochen. Geplant sind zwei Einheiten pro Woche, also insgesamt 24 Einheiten, wobei jede Einheit etwa 30 Minuten dauert.
Die Förderung gliedert sich in vier Bereiche:
- Einführung: Vorstellung der Figur Lobo durch eine Geschichte, Ausgabe der Lobo-Mappen, Einführung der Loboaufgaben und Lauschspiele zur Einübung des genauen Zuhörens.
- Phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne: Reimen und Segmentieren von Silben.
- Phonologische Bewusstheit im engeren Sinne und weitere sprachliche Übungen: Buchstaben-Laut-Zuordnung, Lautsynthese, Lautanalyse, Textverständnis und dialogische Kompetenz
- Abschluss: Wiederholung der gelernten Inhalte mit dem Brettspiel «Loboparcour» und Verabschiedung von Lobo.
Ab der zweiten Trainingseinheit erhalten die Kinder am Ende der Trainingsstunde eine kleine «Hausaufgabe», die sogenannte Lobo-Aufgabe. Als Verstärkerplan wird ein Lobosammelbild eingesetzt, bei dem die Kinder für jede erledigte Loboaufgabe ein Bildchen erhalten, das sie aufkleben können.
Neben der kindergartenbasierten Förderung gibt es zwei weitere Lobo-Programme:
- Elternbasierte Sprachförderung im Vorschulalter. Das Lobo-Programm (Petermann et al. 2010a) und ein dazugehöriges Materialheft (Petermann et al., 2010b)
- Schulbasierte Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen. Das Lobo-Schulprogramm (Metz, Fröhlich & Petermann, 2010)
Die drei Programme können unabhängig voneinander oder aufeinander aufbauend eingesetzt werden. Im Kindergartenprogramm und in der schulbasierten Förderung übernehmen die Fachpersonen der jeweiligen Einrichtung die Förderung der Kinder, während im Elternprogramm die Eltern selbst ihr Kind fördern. Das Elternprogramm umfasst fünf Kurse, in denen Eltern von pädagogische oder psychologischen Fachpersonen geschult werden, die Sprachübungen mit ihrem Kind durchzuführen.
Durchführbarkeit
Im Manual werden alle Trainingseinheiten detailliert beschrieben. Ergänzend kann ein Materialheft erworben werden, das die meisten Arbeitsmaterialien umfasst («Drachensachen» von Fröhlich et al., 2010).
Die Leitfigur Lobo, ein kleiner Drache, der durch einen Vulkanausbruch von seinem Heimatplaneten «Globo» auf die Erde gelangt, bittet die Kinder, ihm beim Erlernen der Sprache zu helfen. Lobo begleitet die Kinder durch das gesamte Programm und ist als Handpuppe erhältlich.
Das Programm nutzt eine Vielzahl an Methoden und Materialien, die an den Entwicklungsstand der Kinder angepasst sind. Dazu zählen Bildkarten, Gespräche im Stuhlkreis, Geschichten mit Bildmaterial, Arbeitsblätter, Bewegungsspiele und Brettspiele. Diese Vielfalt ermöglicht eine kindgerechte Förderung.
Theoretische Fundierung
Im Manual werden die Bedeutung der Sprachentwicklung sowie die Vorläuferfertigkeiten des Lesens und Schreibens erläutert. Zudem wird auf Sprachentwicklungsstörungen eingegangen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der phonologischen Bewusstheit. Die fachlichen Grundlagen werden sowohl theoretisch als auch empirisch fundiert dargestellt. Darauf aufbauend wird die Konzeption und der Aufbau der Förderung «Lobo vom Globo» beschrieben.
Evaluationsqualität
Im Manual werden die Ergebnisse einer Wirksamkeitsprüfung des Trainings vorgestellt, die von den Autor:innen auf Grundlage der ersten Version der kindergartenbasierten Förderung durchgeführt wurde (Fröhling et al., 2009). An der Studie nahmen 191 Kindergartenkinder teil. Sie wurden in zwei Gruppen unterteilt: eine Fördergruppe, die über einen Zeitraum von drei Monaten das Lobo-Programm absolvierte, und eine Vergleichsgruppe. Zu Beginn und nach Abschluss des Trainings wurden alle Kinder hinsichtlich ihrer phonologischen Bewusstheit getestet. Darüber hinaus füllten die Eltern einen Fragebogen aus, und mit den Kindern wurde ein kurzes Interview geführt. Die Auswertung der Testergebnisse zeigte, dass die Fördergruppe in allen Bereichen bessere Werte erzielte als die Vergleichsgruppe, wobei meist mittlere bis starke Effekte festgestellt wurden. Sowohl Kinder mit erhöhtem Risiko als auch unauffällige Kinder profitierten vom Training. Zudem wurde über eine gute Akzeptanz des Trainings bei Kindern und Eltern berichtet.
Rissling et al. (2011) untersuchten, ob Kinder langfristig vom Trainingsprogramm profitieren, um Lese- und Rechtschreibprobleme zu vermeiden. An der Studie nahmen 89 Zweitklässler teil, von denen 24 Kinder im Kindergarten gefördert wurden, 35 Kinder sowohl im Kindergarten als auch in der Schule gefördert wurden, und 30 Kinder zur Kontrollgruppe gehörten. Die Leistungsüberprüfung erfolgte durch einen Leseverständnistest und einen Rechtschreibtest. Die Ergebnisse zeigten, dass Kinder, die bereits im Kindergarten gefördert worden waren, einen Vorteil hatten. Kinder, die sowohl im Kindergarten als auch in der Schule gefördert worden waren, erzielten besonders gute Lese- und Rechtschreibergebnisse.
Inzwischen gibt es zur phonologischen Bewusstheit viele einschlägige Studien, sodass Metaanalysen zur Überprüfung der Effektivität von phonologischen Bewusstheitstrainings durchgeführt wurden (Fischer & Pfost, 2015; Wolf et al., 2016).
Fischer und Pfost (2015) analysierten 19 Arbeiten mit 22 Trainings-Kontrollgruppen-Vergleichen und fanden einen mittleren Trainingseffekt auf die phonologische Bewusstheit (d = 0.36) sowie kurzfristige (d = 0.21) und langfristige (d = 0.14) Transfereffekte auf das Lesen und Rechtschreiben. Analysen zum Einfluss von Moderatoren ergaben, dass Trainings im Kindergarten höhere Effekte auf die phonologische Bewusstheit erzielten als Trainings, die im ersten Schuljahr begannen.
Wolf et al. (2016) untersuchten in ihrer Metaanalyse 27 Studien. Ihre Ergebnisse zeigten ebenfalls höhere Effekte für Fördermassnahmen, die vor der Einschulung stattfanden. Vorschulische Förderung zeigte keine signifikanten Effekte auf die Dekodierfähigkeit, jedoch geringe Effekte auf die Rechtschreibkompetenz. Moderatoranalysen ergaben, dass Kinder mit sowohl schwachen als auch guten Ausgangskompetenzen gleichermassen vom Programm profitierten.
Schneider (2018) folgert, dass die Befunde der Metaanalysen die Wirksamkeit der phonologischen Bewusstheitstrainings deutlich machen und dass vorschulische Fördermassnahmen bedeutsame Steigerungen dieser Kompetenz bewirken, wenn die Trainings angemessen implementiert und von pädagogischen Fachpersonen entsprechend den Hinweisen im Manual durchgeführt werden. Die Fördermassnahmen wirken sowohl für Muttersprachler mit geringen Ausgangswerten als auch für Kinder mit Migrationshintergrund. Für das Rechtschreiben sind eher kleine Transfereffekte nachweisbar, während im Durchschnitt keine statistisch signifikanten Effekte auf die Lesekompetenz resultierten.
Literatur
- Fischer, M. Y. & Pfost, M. (2015). Wie effektiv sind Maßnahmen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 47(1), 35–51. https://doi.org/10.1026/0049-8637/a000121
- Fröhlich, L. P., Metz, D. & Petermann, F. (2009). Förderung der phonologischen Bewusstheit «Lobo vom Globo». Kindheit und Entwicklung, 18, 204–212. https://doi.org/10.1026/0942-5403.18.4.204
- Fröhlich, L. P., Metz, D. & Petermann, F. (2010). Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen. Das Lobo-Kindergartenprogramm. Hogrefe.
- Fröhlich, L. P., Metz, D. & Petermann, F. (2010). Drachensachen. Materialien zum Lobo-Kindergartenprogramm «Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen». Hogrefe.
- Metz, D., Fröhlich, L. P. & Petermann, F. (2010). Schulbasierte Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen. Das Lobo-Schulprogramm. Hogrefe.
- Petermann, F., Fröhlich, L. P., Metz, D. & Koglin, U. (2010a). Elternbasierte Sprachförderung im Vorschulalter. Das Lobo-Programm. Hogrefe.
- Petermann, F., Fröhlich, L. P., Metz, D. & Koglin, U. (2010b). Für Drachenfreunde. Materialien zum Lobo-Programm «Elternbasierte Sprachförderung im Vorschulalter». Hogrefe.
- Rißling, J.-K., Metz, D., Melzer, J., & Petermann, F. (2011). Langzeiteffekte einer kindergartenbasierten Förderung der phonologischen Bewusstheit. Kindheit und Entwicklung, 20(4), 229–235. https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000060
- Schneider, W. (2018). Nützen Sprachförderprogramme im Kindergarten, und wenn ja, unter welcher Bedingung? Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 32(1–2), 53–74. https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000213
- Wolf, K. M., Schroeders, U. & Kriegbaum, K. (2016). Metaanalyse zur Wirksamkeit einer Förderung der phonologischen Bewusstheit in der deutschen Sprache. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 30(1), 9–33. https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000165
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Letzte Änderung: 06/2024