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Fördermassnahmen

Lesespiele mit Elfe und Mathis. Computerbasierte Leseförderung für die erste bis vierte Klasse

von Alexandra Lenhard, Wolfgang Lenhard und Petra Küspert (2023)

 

Einsatzbereich

  • 1. bis 4. Klasse
  • Einzeltraining
  • Universelle, selektive und indizierte Prävention

Qualitätskriterien

Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Evaluation
Bewertung Gefüllter Kreis Gefüllter Kreis Halb gefüllter Kreis
Erläuterung Verständliche Hinweise zur praktischen Umsetzung des Programms. Informationen zur theoretischen Fundierung sind aufgeführt. Erste Belege sind vorhanden.

Inhalt

Die «Lesespiele mit Elfe und Mathis» sind ein computerbasiertes Förderprogramm, das Kindern von der 1. bis 4. Klassenstufe dabei hilft, ihre Lesefähigkeiten zu verbessern.

Bei sehr leistungsschwachen Kindern kann es ergänzend zu therapeutischen Angeboten bis zur 6. Klassestufe eingesetzt werden. Besonders leistungsstarke Kinder im Zyklus 1 können es bereits im Kindergarten zum Erlernen von Buchstabenwissen nutzen.

Das Programm dient der Einübung, Vertiefung und Automatisierung von Lesefertigkeiten. Gefördert wird das Leseverständnis. Es kann von Lehrpersonen und/oder Therapeut:innen eingesetzt werden, um mit computerbasiertem Übungsmaterial spielerisch das Leseverständnis auf verschiedenen Niveaus zu fördern.

Wöchentlich sind ein bis zwei Trainingseinheiten von jeweils höchstens 20 Minuten vorgesehen, was etwa zwei bis vier Übungen entspricht. Für einen vollständigen Durchlauf des Programms braucht es mindestens 20 Einheiten, bei leistungsschwächeren Kindern entsprechend mehr. Als ergänzendes Material in der Therapie können die Lesespiele auch über längere Zeit genutzt werden. Im therapeutischen Bereich gibt es Übungen zur Graphem-Phonem-Zuordnung. In diesem Modus können die Lehrpersonen oder Therapeut:innen den Computer als Präsentationshilfe einsetzen, während das Kind die Lösungen mündlich gibt.

Die Übungen sind in eine kindgerechte Rahmenhandlung eingebettet, die im Elfenland angesiedelt ist. Die Kinder begleiten die beiden Elfenfiguren Elfe und Mathis auf einer geheimen Mission: Sie sollen das sagenumwobene Alphabetikon zurückholen, das von Kobolden gestohlen und in deren Festung versteckt wurde. Um das Ziel zu erreichen, durchwandern die Kinder ein mehrstöckiges Bücherlabyrinth und lösen auf jeder Ebene unterschiedliche Aufgaben. Für jede erfolgreich bewältigte Übung gibt es Edelsteine, die benötigt werden, um zur nächsten Ebene vorzurücken. Während der Bearbeitung erhält das Kind direktes Feedback in Form eines akustischen Signals und einer Fortschrittsanzeige. Die einzelnen Ebenen stehen dabei für die vier inhaltlichen Schwerpunkte des Programms:

  • Laute und Silben: Zuordnung von Lauten zu Schriftzeichen und Silbensynthese, Segmentierung von Wörtern in Silben, Anlauterkennung, Erkennen von Reimen
  • Wörter: Analyse von Wörtern (Aufteilen in Silben, Erkennen des Wortstammes, Erkennen von Wortteilen und Silben in Wörtern), schnelles Dekodieren (Wort-Bild-Zuordnung)
  • Sätze: Lokale Kohärenzbildung, syntaktisches Parsing und Erkennen von Fehlern auf Satzebene
  • Texte und Strategien: verstehendes Lesen, Erkennen von Lesefehlern

Informationen zum Training und Möglichkeit, eine kostenfreie Demo-Version zu testen:
http://www.psychometrica.de/lesespiele.html [19.11.2025]

Durchführbarkeit

Um die Lesespiele mit Elfe und Mathis durchführen zu können, muss das Programm zunächst auf einem Computer installiert werden. Das Trainingsprogramm kann dann von den Kindern weitgehend selbstständig bearbeitet werden, jedoch wird empfohlen, dass jedem Kind während der gesamten Durchführung eine geeignete Betreuungsperson zur Verfügung steht. Vor dem Trainingsbeginn sollten sich Lehrpersonen und/oder Therapeut:innen gut mit Inhalten und Bedienung des Programms vertraut machen.

Trotz hoher Benutzerfreundlichkeit können technische und organisatorische Voraussetzungen (Einzelplätze, PC-Verfügbarkeit, Vorbereitungsaufwand) die Durchführbarkeit im Regelunterricht einschränken.

Vor Trainingsbeginn muss sich die Betreuungsperson einen Überblick über das Leistungsprofil des jeweiligen Kindes verschaffen. Angepasst an den Lernstand wählt die Betreuungsperson dann entweder ein Klassenprofil aus (Das Kind soll Aufgaben bearbeiten, die jeweils der Klassenstufe 1-4 zugeordnet werden). Alternativ kann auch ein individuelles Profil für das Kind angelegt werden, was jedoch mehr Aufwand bedeutet, gleichzeitig bietet die Auswahl des Profils nach Klassenstufen lediglich eine grobe Anpassung an den individuellen Lernstand des Kindes. Eine weitere Möglichkeit zur Anpassung des Programms an die Bedürfnisse der Kinder besteht darin, Testergebnisse gängiger Lesetests einzugeben.

Das Manual führt die Leser:innen zunächst durch die Installation des Programms, erläutert dann allgemeine Gestaltungsprinzipien und Spielinhalte. Im Anschluss bietet es genaue Hinweise für die Durchführung des Programms und endet mit Hinweisen zur Bedienung. Besonders interessant für Therapeut:innen ist dabei die Zusatzfunktion „Therapeutischer Bereich“.

Die Aufgaben des Trainingsprogramms sind in eine altersgerechte Rahmenhandlung eingebettet, sodass Kinder spielerisch und mit Freude Lesen üben können. Das Lernen soll den Schüler:innen Spass machen, damit sie ihre Motivation erhalten, auch wenn es schwierig wird. Eine ansprechende Spielumgebung und kontinuierliche Verstärkung gehören ebenso zum Programm, wie die Auswahlmöglichkeit einer geschlechtsspezifischen Spielfigur. Das Programm kann individuell angepasst und die Aufgaben für jedes Kind eingestellt werden. Eine Überforderung wird damit bereits im Vorhinein ausgeschlossen.

Schiecke und Bender (2015) legen eine aussagekräftige Rezension vor und kommen zu folgendem Fazit: Unterstützend zum schulischen Alltag oder auch im therapeutischen Kontext bietet dieses Programm eine gute Variante von Leseübungen. Allein die Verwendung des Computers ist meist sehr reizvoll für Schüler/innen Die Aufbereitung des Programms und die gut durchdachten Verstärker sind besonders für leseschwache Kinder sehr motivationsfördernd. Das Programm ist leicht zu bedienen und somit können die Schüler:innen – nach Anpassung des Schwierigkeitsgrades – alle Übungen selbständig durchlaufen. Besonders die Kombination aus adaptivem Lernen, spielerischen Elementen und direkter Rückmeldung spricht für einen breiten Einsatz im schulischen und therapeutischen Kontext.

Theoretische Fundierung

Das Förderprogramm beruht auf einer Verknüpfung wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Psychologie, Sonderpädagogik und praktischer lerntherapeutischer Arbeit. Die Autor:innen begründen die Auswahl der Übungen sowie die Bedeutung der Übungen für den Leseerwerb mit einschlägiger Literatur.

Darüber hinaus legen sie Wert auf positive Verstärker, die die Motivation der teilnehmenden Schüler:innen beim Leseerwerb langfristig aufrechterhalten sollen. Sie argumentieren, dass Defizite der kognitiven Leistungsfähigkeit schnell zu Motivationsverlust oder gar Angst vor einem bestimmten Schulfach führen können, andererseits bewirken auch mangelnde Motivation, Angst und ein negatives Selbstkonzept ihrerseits schlechte Lernergebnisse. Beide Faktoren stehen in Wechselwirkung, daher wird ein Kontext befürwortet, der den Kindern Freude bereitet und die Motivation auch bei kognitiven Hürden aufrechterhält.

Daher entwickelten die Autor:innen verschiedene Arten von Anreizen, wie die informelle Verstärkung, die Rückmeldung über Erfolg, bzw. Misserfolg. Die Kinder bekommen eine unmittelbare Rückmeldung, ob eine Aufgabe richtig bearbeitet wurde und können zudem über eine Fortschrittsanzeige ihre bisherige Lösungsquote einsehen. Ferner kommen sekundäre, visuell-materielle Verstärker zum Einsatz, wenn Kinder für jede abgeschlossene Aufgabe einen Edelstein sammeln oder den Schlüssel zum nächsten Stockwerk erhalten und damit aufsteigen. Als letztes Motivationselement betonen die Autor:innen die Möglichkeit, die Spielfigur geschlechtsspezifisch auszuwählen, wodurch sich die Kinder stärker mit dem Ziel identifizieren sollen.

In der Konzeption des Materials wurde ferner auf Adaptivität Rücksicht genommen, indem die Profile der Aufgaben und des Niveaus für jedes Kind individuell einstellbar sind. Es wird argumentiert, dass die besten individuellen Leistungen in der Regel dann erreicht werden, wenn hohe, aber erreichbare Ziele gesetzt werden, weshalb spezifische Anpassungsmöglichkeiten für ein gutes Training unabdingbar sind.

Bei der Konzeption der Teilaufgaben wurde auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen, so basiert das Spiel „Mitlesen“ beispielsweise auf dem erwiesenermassen wirksamen Konzept des Tandemlesens.

Insgesamt kann das Förderprogramm als theoretisch fundiert eingestuft werden, es zeigt aber starke behavioristische Züge. Neuere motivationale Konzepte (z.B. Selbstbestimmungstheorie) werden nur indirekt berücksichtigt.

Evaluation

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Programms lagen zunächst nur die Ergebnisse einer fünfwöchigen Kurzzeitintervention für zwei 2. Klassen vor. Mit einer der zwei Klassen wurden in dieser Zeit in zwei Deutschstunden pro Woche die „Lesespiele mit Elfe und Mathis“ durchgeführt. Die andere Klasse erhielt normalen Deutschunterricht. Vor und nach dem Förderzeitraum wurden die Kinder mit dem ELFE 1 – 6 Leseverständnistest getestet. Die recht kurze Intervention erbrachte nachweisbare Effekte im Wort- und im Textverständnis. Im Satzverständnis konnten hingegen keine bedeutsamen Effekte nachgewiesen werden.

Von Ende April bis Anfang Juni 2014 fand eine Kurzzeitintervention zu Lesespiele mit Elfe und Mathis mit zwei 2. Klassen einer bayrischen Grundschule über einen Zeitraum von fünf Wochen statt. In dieser Zeit bekam eine Klasse (25 Kinder) für zwei Schulstunden pro Woche statt Deutschunterricht die Möglichkeit, sich mit dem Training zu befassen. Die Kinder arbeiteten paarweise in individuellem Arbeitstempo an einem PC und wurden von einer Tutorin betreut. Aufgrund des kurzen Förderzeitraumes konnten die meisten Kinder das Programm nicht vollständig durchlaufen. Eine andere Klasse (20 Kinder) erhielt als Kontrollgruppe in dem Zeitraum regulären Deutschunterricht. Vor und nach der Intervention wurden die Kinder beider Klassen jeweils mit dem ELFE-1-6 getestet, in beiden Klassen fehlte jeweils ein Kind, sodass für die Auswertung die Daten von 24 Kindern aus der Experimentalgruppe zur Verfügung stehen und Daten von 19 Kindern aus der Kontrollgruppe.

Bei der Berechnung einer Kovarianzanalyse über die Gesamtskala zum Zeitpunkt des Nachtests zeigte sich ein signifikanter Gruppenunterschied. Die Experimentalgruppe schnitt dabei signifikant besser ab. Der Gruppenunterschied lag hierbei bei einer Effektstärke von d = 0.69, was laut Hattie (2009, S.19) bei schulischen Interventionsstudien einem grossen Effekt entspricht. Zur Überprüfung, welcher Bereich des Leseerwerbs (Wort-, Satz- oder Textverständnis) am stärksten durch das Lesetraining beeinflusst wird, wurden analog zum Gesamttest Posttests mit den einzelnen Subskalen durchgeführt. Dabei zeigten sich die stärksten Effekte im Textverständnis mit d = 0.91. Auch das Wortverständnis profitierte deutlich von der Intervention, mit einer Effektstärke von d = 0.69. Beim Satzverständnis zeigte sich nur eine numerische Überlegenheit der Experimental- gegenüber der Kontrollgruppe.

Das Programm kann somit als empirisch fundiert gelten, die Ergebnisse beruhen aber auf einer einzigen kleineren Kurzzeitstudie ohne randomisierte Zuweisung und ohne Langzeitfolgenabschätzung. Somit sind die Ergebnisse zwar vielversprechend, aber nicht hinreichend robust, um von gesicherter Wirksamkeit zu sprechen. Auch scheinen die Transferleistungen auf realen Lesekontext (ausserhalb des Spiels) nicht empirisch überprüft worden zu sein.

Literatur

  • Lenhard, A., Lenhard, W. & Küspert, P. (2023). Lesespiele mit Elfe und Mathis. Computerbasierte Leseförderung für die erste bis vierte Klasse (3. überarb. Aufl.). Hogrefe.
  • Schiecke, V. & Bender, F. (2015). Lesespiele mit Elfe und Mathis. Lernen und Lernstörungen, 4(3), 225–226. https://doi.org/10.1024/2235-0977/a000108

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Letzte Änderung: 11/2025

 

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