Fördermassnahmen

Emotionstraining in der Schule. Ein Programm zur Förderung der emotionalen Kompetenz

von Franz Petermann, Ulrike Petermann und Dennis Nitkowski (2016)

 

Einsatzbereich

  • Kinder und Jugendliche von 10 bis 13 Jahren
  • Gruppentraining
  • Universelle Prävention

Qualitätskriterien

Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Evaluation
Bewertung Gefüllter Kreis Gefüllter Kreis Halb gefüllter Kreis
Erläuterung Verständliche Hinweise zur praktischen Umsetzung des Programms. Theoretische Begründung und nachvollziehbare Ableitung der Vorgehensweise. Belege für Teilbereiche vorhanden.

Inhalt

Schwierigkeiten im Umgang mit Emotionen gelten als Risikofaktor für die Entwicklung psychischer Auffälligkeiten wie Angst und Depressionen. Das Programm “Emotionstraining in der Schule” wurde als schulbasiertes Präventionsprogramm für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 13 Jahren (5. bis 7. Klasse) entwickelt. Es zielt darauf ab, die emotionale Kompetenz und Emotionsregulationsfertigkeiten zu fördern, um den Teilnehmenden den Umgang mit emotionalen Belastungen zu erleichtern.

Das „Emotionstraining in der Schule” umfasst 11 wöchentliche Sitzungen von jeweils 90 Minuten, die fest im Stundenplan integriert werden sollten.

Jede Sitzung folgt einem festen Ablauf:

  • Einführungsphase: Begrüssung, Wiederholung der Inhalt der vorherigen Sitzung und Durchführung einer Tonübung (Elemente einer Achtsamkeitsübung)
  • Arbeitsphase: Die Inhalte der Arbeitsphase unterscheiden sich von Sitzung zu Sitzung. Die Schüler:innen lernen unter anderem, eigene und fremde Emotionen besser wahrzunehmen, Emotionen am Ausdruck zu erkennen, eigene Emotionsregulationsstrategien zu bewerten, empathisches Verhalten zu entwickeln und Problemlösefertigkeiten im Umgang mit emotionalen Belastungen zu stärken.
  • Reflexionsphase: Besprechung der aktuellen Hausaufgabe, Verteilen der zukünftigen Hausaufgaben und abschliessendes Gefühlsquiz.

 

Das Training kann von Lehrpersonen, Sozialpädagog:innen oder einer externen Fachperson durchgeführt werden.

Durchführbarkeit

Die einzelnen Sitzungen sind detailliert beschrieben. Dabei werden die Ziele der Sitzung, benötigte Materialien sowie notwendige Vorbereitungen aufgeführt. Zusätzlich werden für jede Sitzung der theoretische Hintergrund und konkrete Anleitungen zur praktischen Umsetzung mitgegeben. Zum Abschluss erfolgen Hinweise zum Umgang mit kritischen Situationen während des Trainings.

Methodisch werden Informationsvermittlung, Achtsamkeitsübungen, Rollenspiele, Einzel- und Gruppenarbeit eingesetzte. Während die Einzelarbeit meist zur Selbstreflexion dient, können in Gruppenarbeiten soziale und emotionale Kompetenzen eingeübt werden. Die Hausaufgaben unterstützen eine längerfristige Auseinandersetzung mit den jeweiligen Sitzungsthemen.

Die Arbeitsmaterialien und Audiodateien liegen auf DVD enthalten. Um den Schwierigkeitsgrad an die Fertigkeiten der Schüler:innen anzupassen, stehen bei einigen Arbeitsblättern und Materialien zwei Schwierigkeitsgraden zur Auswahl. Die leichtere ist in der Regel für Fünftklässler geeignet, während die anspruchsvollere Version sich für Schüler:innen der 6. und 7. Klasse eignet.

Theoretische Fundierung

Das Manual bietet einen umfassenden Überblick über Emotionen, emotionale Kompetenz und Emotionsregulation. Ein weiteres Kapitel behandelt Defizite in der Emotionskompetenz und deren Zusammenhang mit Verhaltensauffälligkeiten. Dabei wird aufgezeigt, dass Defizite in der Emotionsregulation ein Risikofaktor für sozialer Ängstlichkeit und Depression darstellen können. Diese Zusammenhänge werden durch verschiedene Studien untermauert. Weiter deutet eine Studie zu Emotionsregulation von der frühen Adoleszenz bis ins mittlere Erwachsenenalter darauf hin, dass Jugendliche über die geringste Anzahl an Emotionsregulationsstrategien verfügen (Zimmermann & Iwanski, 2014). Zudem wird für die Prävention von Depression in einer Studie die Altersgruppe zwischen 11 bis 15 Jahren empfohlen (Gladstone et al., 2011). Daher wurde Programm “Emotionstraining in der Schule” spezifisch für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 bis 13 Jahren konzipiert, um Angst- und Depressionssymptomen präventiv entgegen zu wirken.

Das Training folgt einem multimethodalen Ansatz, der didaktische Methoden der Unterrichtsgestaltung mit lern- und verhaltenspsychologisch begründeten Massnahmen kombiniert. Diese Methoden werden im Manual eingeführt und mit Literatur untermauert. Die Hauptziele des Trainings sind die Förderung der vier globalen emotionalen Kompetenzen: Emotionsbewusstsein, Emotionsverständnis, Emotionsregulation und Empathie.

Evaluation

In einer Wartekontrollgruppen-Studie mit 543 Schüler:innen (Nitkowski et al., 2017) zeigte sich entgegen der Erwartung kein Unterschied zwischen der Trainings- und der Kontrollgruppe hinsichtlich der Veränderung im Emotionsbewusstsein, in der Abneigung gegen Emotionsausdruck und im Wohlbefinden. In beiden Gruppen gaben die Schüler:innen zum ersten und zweiten Erhebungszeitpunkt vergleichbare Einschätzungen an.

An der Studie von Diener et al. (2020) nahmen 398 Schüler:innen im Rahmen eines Kontrollgruppen-Designs teil. Die Ergebnisse zeigten, dass die Trainingsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe nach Abschluss des Trainings eine höhere Empathiefähigkeit und eine vermehrte Anwendung adaptiver Trauerregulationsstrategien entwickelte. Es ergaben sich jedoch keine Effekte auf das Emotionsbewusstsein, die Nutzung maladaptiver Trauerregulationsstrategien, den Optimismus oder depressive Symptome. Die Studie deutet somit auf eine eingeschränkte kurzfristige Wirksamkeit des Emotionstrainings hin.

Petersen et al. (2019) untersuchte für einen Teil der oben beschriebenen Trainingsgruppe die kurz- und langfristige Wirksamkeit, mit insgesamt 149 Schüler:innen. Das Emotionsbewusstsein war unmittelbar nach Trainingsende signifikant höher und blieb über einen Zeitraum von sechs Monaten stabil. Depressive Symptome zeigten sich direkt nach dem Training unverändert, nahmen jedoch in der Nachbefragung sechs Monate später ab. Darüber hinaus wurden kurzfristige Effekte bei Empathie und Emotionsregulation festgestellt, jedoch blieben diese langfristig aus. Kritisch anzumerken ist, dass in dieser Studie nur ein Teil der Trainingsgruppe weiterverfolgt wurde, ohne Vergleich zu einer Kontrollgruppe.

Literatur

  • Diener, C., Grundinger, N., Petermann, F., Petermann, U., Gerstenberger, L., Petersen, R., & Nitkowski, D. (2020). Förderung emotionaler Kompetenzen: Kurzfristige Effekte des Emotionstrainings in der Schule. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 67, 1-17.
  • Gladstone, T.R.G., Beardslee, W.R. & O’Connor, E.E. (2011). The prevention of adolescent depression. Psychiatric Clinics of North America, 34, 35–52. http://doi.org/10.1016/j.psc.2010.11.015
  • Nitkowski, D., Laakmann, M., Petersen, R., Petermann, U., & Petermann, F. (2017). Das Emotionstraining in der Schule: Eine Effektivitätsstudie unter Berücksichtigung der Beziehung zwischen subjektivem Wohlbefinden, Emotionsbewusstsein und Emotionsausdruck. Kindheit und Entwicklung, 26(3), 175-183. https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000229
  • Petermann, F., Petermann, U. & Nitkowski, D. (2016). Emotionstraining in der Schule. Ein Programm zur Förderung der emotionalen Kompetenz (1. Aufl.). Hogrefe.
  • Petersen, R., Petermann, U., Petermann, F., Diener, C. & Nitkowski, D. (2019). Förderung der emotionalen Entwicklung bei Jugendlichen: Langfristige Wirksamkeit des Präventionsprogrammes „Emotionstraining in der Schule “. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie. https://doi.org/10.1024/1661-4747/a000395
  • Zimmermann, P. & Iwanski, A. (2014). Emotion regulation from early adolescence to emerging adulthood: Age differences, gender differences, and emotion-specific developmental variations. International Journal fo Behavioral Development, 38, 182–194. https://doi.org/10.1177/0165025413515405

 

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Letzte Änderung: 10/2024

 

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