Fördermassnahmen
Das Memo-Training. Memo, der vergessliche Elefant – Mit Gedächtnistraining spielerisch zum Lernerfolg
von Regula Everts und Barbara Ritter (2022)
Einsatzbereich
- Kinder von 7 bis 12 Jahren
- Einzeltraining
- Universelle und selektive Prävention
Qualitätskriterien
Durchführbarkeit | Theoretische Fundierung | Evaluation | |
---|---|---|---|
Bewertung | Gefüllter Kreis | Gefüllter Kreis | Halb gefüllter Kreis |
Erläuterung | Verständliche Hinweise zur praktischen Umsetzung des Programms. | Theoretische Begründung und nachvollziehbare Ableitung der Vorgehensweise. | Belege für nahe, jedoch nicht für ferne Transfereffekte. |
Inhalt
Das Memo-Training richtet sich an Kinder, die im Alltag und in der Schule Lern- und Gedächtnisschwierigkeiten erleben. Es nutzt eine Geschichte von Memo, einem Zirkuselefanten, der in der kalten Schweiz lebt und in seine Heimat Botswana reisen will. Da Memo vergesslich ist, unterstützen ihn seine Freunde mit verschiedenen Gedächtnistricks. In die Geschichte eingebettet, lernen die Kinder fünf unterschiedliche Gedächtnisstrategien kennen, wie beispielsweise den «Papageien-Trick» zum inneren Wiederholen. Das Memo-Training beinhaltet zudem Übungen für das auditive und visuelle Arbeitsgedächtnis. Darüber hinaus vermittelt das Programm Wissen über Gedächtnisprozesse und hat damit zum Ziel, die Entwicklung des «Meta-Gedächtnisses» der Kinder zu fördern.
Das Training besteht aus sechs wöchentlichen Einheiten, die jeweils etwa 60 min dauern. Nach jeder Einheit bekommt das Kind Hausaufgaben. Nach Abschluss der sechs Einheiten ist eine Transferlektion geplant, bei der die Eltern einbezogen werden, um die Trainingsinhalte und deren praktische Anwendung im Alltag zu erörtern. Zudem ist etwa vier bis sechs Monate nach dem Ende des Trainings eine Auffrischungssitzung vorgesehen.
Das Memo-Training wurde nicht für Kinder mit einer Lernbehinderung oder geistigen Behinderung konzipiert. Sollte das Memo-Training dennoch bei Kindern mit einem intellektuellen Entwicklungsrückstand eingesetzt werden, ist es ratsam, im Voraus zu überlegen, welche Gedächtnisstrategien oder Übungen dem Kind im Alltag am meisten nutzen könnten, und den Fokus entsprechend darauf zu legen.
Durchführbarkeit
Das Manual bietet pädagogische Hinweise zu den Trainings- und Durchführungsbedingungen und zeichnet sich durch eine benutzerfreundliche Beschreibung jeder Trainingseinheit aus. Es liegen Kopiervorlagen vor. Die Übungen sind einfach durchzuführen, kindgerecht und ansprechend gestaltet sowie mit farbigen Bildern illustriert. Für jede Übung ist zusätzlich angegeben, welche weiteren Materialien benötigt werden.
Bei jeder Übung gibt es zwei Durchführungsvarianten, eine “normale” Variante und eine “Schlaumeier-Variante”. Die normale Variante ist einfacher zu lösen als die Schlaumeier-Variante. Wenn immer möglich soll die Schlaumeier-Variante ausprobiert werden, das das Gedächtnis bei dieser Variante stärker gefordert wird. Zudem gibt es bei fast jeder Übung eine Version für jüngere Kinder von 7 bis 9 Jahren und eine für ältere Kinder von 10 bis 12 Jahren.
Theoretische Fundierung
Das Memo-Training ist ein standardisiertes Interventionsprogramm, das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der Gedächtnispsychologie basiert, auf welche im Manual eingegangen wird. Dieses enthält Einblicke in das Gedächtnis im Kindesalter und adressiert speziell Kinder mit Gedächtnisproblemen. Es folgt ein Kapitel über Gedächtnistrainings im Kindesalter.
Evaluation
Im Manual wird die Wirksamkeit von Gedächtnistrainings im Kindesalter erörtert, wobei sowohl nahe als auch ferne Transfereffekte thematisiert werden. Die Autorinnen stellen Arbeitsgedächtnistrainings vor, die in erster Linie kurzzeitige und nahe Trainingseffekte aufzeigen, während längerfristige und ferne Transfereffekte kaum nachgewiesen werden konnten.
Aufgrund der begrenzten Effekte auf spezifische Gedächtnisbereiche wird die uneingeschränkte Empfehlung solcher Trainings kritisch hinterfragt. Schneider (2019) kommt in seinem Review zum Schluss, dass sich ein Gedächtnistraining nicht sonderlich lohnt. Hagmann-von Arx und Möhring (2023) erläutern diese Kritik unter Berücksichtigung metaanalytischer Ergebnisse.
In Bezug auf Trainings zu Gedächtnisstrategien verweisen die Autorinnen insbesondere auf Studien, die den «Papageientrick» – also das innere Wiederholen – untersucht haben. Diese Studien zeigen, dass sich durch diese Technik die Gedächtnisleistung der Kinder verbesserte.
Schliesslich erörtern die Autorinnen eine eigene Studie (Everts et al., 2015), in der untersucht wurde, ob das Memo-Training die Leistungsfähigkeit von sieben- bis zwölfjährigen ehemals frühgeborenen Kindern kurz- und längerfristig steigern kann. Mit den Kindern wurde entweder das Memo-Training (n = 23) oder ein computerisiertes Arbeitsgedächtnistraining (n = 22) durchgeführt, während eine weitere Gruppe als Wartekontrollgruppe fungierte (n = 23). Die Ergebnisse zeigten, dass beide Trainingsgruppen signifikante kurzfristige nahe Trainingseffekte im auditiven Arbeitsgedächtnis und visuellen Kurzzeitgedächtnis aufwiesen. Bei den Kindern, die das Memo-Training absolvierten, wurden zusätzliche Effekte im Bereich des episodischen Gedächtnisses und im visuellen Arbeitsgedächtnis beobachtet, sowie ein kurzfristiger ferne Transfereffekt im Bereich des Kopfrechnens. Sechs Monate nach Abschluss des Trainings wies die Gruppe, die das Memo-Training durchgeführt hatte, statistisch signifikante längerfristige Effekte in einem Bereich des episodischen Gedächtnisses auf. Beide Trainingsgruppen zeigten zudem nach wie vor verbesserte Leistungen im auditiven Arbeitsgedächtnis. Kinder, die vor dem Training geringere Leistungen zeigten, profitierten am meisten vom Training. Ferne Langzeiteffekte traten hingegen nicht auf.
Literatur
- Everts, R., Wapp, M., Ritter, B., Perrig, W. & Steinlin, M. (2015a). Effects of two different memory training approaches in very preterm-born children. Advances in Pediatric Research, 2, 1-11.
- Hagmann-von Arx, P. & Möhring, W. (2023). Exekutive Funktionen bei Kindern: Kognitive Trainingsprogramme unter der Lupe. Lernen und Lernstörungen. https://doi.org/10.1024/2235-0977/a000426
- Schneider, W. (2019). Programme zur Förderung kognitiver Fähigkeiten in Vorschule und Schule: Wie effektiv sind sie, und wie gut sind die Verfahren praktisch implementiert? Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 33(1), 5–16. https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000231
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Letzte Änderung: 04/2024
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